Umwelt

„Der Klimawandel kommt in Fahrt“

Vortragsreihe „Mut zur Nachhaltigkeit“: Der renommierte Klimaforscher Prof. Dr. Mojib Latif war zu Gast im Rathaus

Ist ein kalter Juni ein Zeichen dafür, dass es mit dem Klimawandel doch nicht so weit her ist, wie behauptet wird?

Prof. Dr. Mojib Latif
Prof. Dr. Mojib Latif (Foto: Leibniz-Institut für Meereswissenschaften)

Ein ganz klares „Nein“ sagt dazu Professor Dr. Mojib Latif: „Wir dürfen nicht den Fehler machen, kurzfristige, regionale Zustände als Zeichen dafür zu werten, dass es keine Klimaveränderung gibt“, erklärte der renommierte Klimaforscher, der am 26. Juni auf Einladung des Agenda-Büros der Stadt Heidelberg im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Mut zur Nachhaltigkeit“ einen Vortrag zum Thema „Bringen wir das Klima aus dem Takt?“ im Rathaus hielt. Rund 80 Zuhörer waren gekommen, um den Meteorologen, der am Leibniz-Institut für Meereswissenschaften der Universität Kiel forscht und für seine herausragenden Leistungen auf dem Gebiet der Klimaforschung bekannt ist, über den Stand der Klimaveränderung und seine Prognosen für die Zukunft sprechen zu hören.

„Der Klimawandel kommt in Fahrt“, skizzierte Latif die Entwicklung und kritisierte, dass es tatsächlich „noch immer keinen wirklichen Klimaschutz gibt.“ Die USA und China seien mit einem Anteil von rund 40 Prozent die größten Verschmutzer. Aber auch Deutschland, das sich gern als einer der Vorreiter beim Klimaschutz sieht und das Kyoto-Ziel, eine Reduzierung der CO2-Emissionen um 20 Prozent, erreicht hat, betreibe keinen effektiven Klimaschutz – tatsächlich sei der Pro-Kopf-Verbrauch hier sogar wieder gestiegen. Allein zehn bis 12 Prozent der weltweiten CO2-Emissionen könnten auf einen Schlag eingespart werden, rechnete Latif vor, wenn auf die Brandrodung in den Regenwäldern verzichtet würde.

Ausdrücklich begrüßte er den Emissionshandel: „Wenn CO2 erst einmal einen Preis hat, dann wird es zum marktwirtschaftlichen Faktor.“ Bereits die Wirtschaftskrise habe gezeigt, dass „Ökologie und Ökonomie“ untrennbar miteinander verbunden seien: „Spritfresser kauft niemand mehr.“ Außerdem habe die Krise gezeigt, dass es doch möglich ist, grenzübergreifend zusammen zu arbeiten und viel Geld in die Hand zu nehmen: „Die Summe, die für einen effektiven Klimaschutz nötig wäre, ist ein Bruchteil davon, was jetzt zur Stabilisierung der Wirtschaft ausgegeben worden ist.“ Die Krise führe „ad absurdum, dass wir uns den Klimaschutz nicht leisten können“.

„Die gewaltigen Probleme unserer Zeit können nicht mit derselben Denkart gelöst werden, welche jene Probleme hervorgebracht haben.“ Dieses Credo von Albert Einstein verfolgt auch Latif, der technische Lösungen, etwa die Versenkung von CO2 in den Meeresboden, ablehnt: „Wenn wir ein Problem mit CO2 haben, dann sollten wir erst gar kein CO2 ausstoßen“, fordert der Forscher, dass „endlich mit der Technik von morgen“ gearbeitet werde. So begrüßt er Initiativen wie „Desertec“, bei dem in Afrika Solarstrom für Europa erzeugt werden soll.

Noch hat Latif Hoffnung: Zwar könne der Klimawandel nicht mehr rückgängig gemacht werden. Wenn es aber gelänge, bis 2050 rund 50 Prozent der CO2-Emissionen einzusparen und damit die Erwärmung der Erde um nicht mehr als zwei Grad zu begrenzen, bestünde immer noch die Chance, ein Ansteigen der Unwetterkatastrophen zu verhindern. 1,5 Grad werden es schon jetzt auf jeden Fall werden.

Informationen zur Veranstaltungsreihe „Mut zur Nachhaltigkeit“ gibt es unter www.heidelberg.de/lokale-agenda.  (sei)