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ABC-Jongleure lernen leichter lesen

Präventives Sprachtraining bei Vorschulkindern wirkt – Studie attestiert verbesserte Lese- und Rechtschreibleistungen in der Grundschule

Sätze bestehen aus Wörtern, Wörter aus Silben und Silben aus Lauten: Ein Kind, das dies verstanden hat, lernt leichter lesen und schreiben. In Heidelberg erkunden Vorschulkinder seit 2002 spielerisch die Welt der Buchstaben. Eine erste Studie über die Wirkung des präventiven Sprachtrainings zieht eine positive Bilanz.

Kita-Kinder mit einer Erzieherin
In städtischen Kindertagesstätten lernen Vorschulkinder seit 2002 spielerisch die Welt der Buchstaben kennen. (Archivfoto: Rothe)

Das Spiel mit Reimen, Lauten und Silben in der Vorschulphase erleichtert Grundschüler/innen das Lesenlernen und verbessert die Rechtschreibleistungen. Zu diesem Ergebnis kommt das Projekt EVES („Evaluation eines Vorschultrainings zur Prävention von Schriftspracherwerbsproblemen sowie Verlauf und Entwicklung des Schriftspracherwerbs in der Grundschule“) unter der Leitung von Prof. Dr. Jeanette Roos und Prof. Dr. Hermann Schöler von der Pädagogischen Hochschule Heidelberg. Im Auftrag der Stadt hat EVES die Effekte des Sprach-
trainings untersucht, an dem in Heidelberg seit 2002 flächendeckend die Vorschulkinder städtischer Kindertageseinrichtungen teilgenommen haben.

In die Studie war mit 743 Kindern aus 16 Heidelberger Grundschulen fast der gesamte Einschulungsjahrgangs 2002 einbezogen. 232 der Kinder hatten in städtischen Kindertageseinrichtungen am sogenannten „Würzburger Programm“ teilgenommen. Das Training dauert 20 Wochen; täglich üben die Vorschulkinder 20 Minuten. Die Stadt hatte das Projekt gestartet, als die Kosten für Fördermaßnahmen und Therapien bei Lese-Rechtschreibschwierigkeiten von Jahr zu Jahr gestiegen waren.

In welchem Wort hörst du ein M? Was reimt sich auf Haus? Wie klingt ein b oder ein p? Was ist der letzte Laut von Ofen? Mit kindgerechten Übungen und Spielen dieser Art entwickeln die Kinder ein inneres Bild der Sprachelemente. Die Kinder lernen, die Richtung von Schall, verschiedene Lautstärken und verschieden hohe Töne wahrzunehmen sowie ähnlich klingende Laute und Silben zu unterscheiden.

Auch bei störenden Nebengeräuschen muss ein Kind Sprache noch richtig erfassen und unvollständig wahrgenommenen Worten durch die Ergänzung einzelner Laute einen Sinn geben. Das gehörte Wort „Schu-hof“ etwa wird dann als „Schulhof“ ergänzt und verstanden.

Die EVES-Studie verglich im Vorschulalter trainierte mit nicht-trainierten Schüler/innen hinsichtlich ihrer Leistungsentwicklung während der gesamten Grundschulzeit. Das Ergebnis: Nicht nur die Lese- und Rechtschreibleistungen der trainierten Kinder sind besser, sie können sich auch besser konzentrieren. Die Auswirkungen zeigen sich ab der 2. Klasse und sind unabhängig vom sozioökonomischen Hintergrund, den Deutschkenntnissen und der individuellen Intelligenz. Die positiven Effekte treten insbesondere bei Mädchen auf, bei Jungen zeigen sie sich zeitverzögert gegen Ende der Grundschulzeit. Dennoch, so die Studie, solle die Wirkung des Sprach-trainings nicht überbewertet werden, da das Lesen- und Schreibenlernen vielen weiteren Einflüssen unterliege. Für die Zukunft empfiehlt die Studie, das Training auf die Kinder zu beschränken, bei denen eine potenzielle Lese-Rechtschreibstörung diagnostiziert wird.  (cba)