Thema der Woche

Einzelne Momente vergrößern und festhalten

Hommage an Aleksandr Sokurov – Gala und Retrospektive auf die Werke des russischen Regisseurs

Der russische Avantgarde-Regisseur, wagemutige Ästhet und provokante Regimekritiker Aleksandr Sokurov ist in diesem Jahr der Stargast des Festivals. Er erhält den renommierten „Master of Cinema Award“, den das Festival jedes Jahr an einen Regisseur vergibt, der die Möglichkeiten der Kinokunst neu steckt und erforscht.

Aleksandr Sokurov mit Filmkamera auf der Schulter.
Aleksandr Sokurov Foto: IFMH

 

Ein Höhepunkt des Festivals wird die Filmreihe mit fünf von Sokurovs Meisterwerken sein. Gezeigt werden „Taurus“, „Russian Ark“, „Vater und Sohn“, „Moloch“ und „Tage der Finsternis“. „Aleksandr Sokurov setzt Bilder von verrätselter Wucht und archetypischer Schönheit in die Welt“, sagt Dr. Michael Kötz, Festivaldirektor und seit 15 Jahren künstlerischer Leiter in Mannheim-Heidelberg.

Ob er einen jungen Kriegsheimkehrer filmt, der an den historischen Umbrüchen der Revolution verzweifelt (Die einsame Stimme des Menschen, 1978), einen Sohn, der sich von seiner sterbenden Mutter verabschiedet (Mutter und Sohn, 1997) oder den dahinsiechenden Lenin während seiner letzten Tage begleitet (Taurus, 2001) – stets versucht Sokurov, die Zeit zu dehnen, zu verlangsamen, den einzelnen Moment zu vergrößern und ihn noch einmal festzuhalten, bevor er endgültig im Nichts entschwindet. Darum ist er immer wieder als legitimer Nachfolger Andrej Tarkowskis bezeichnet worden.

Mehr als zehn Jahre lang durften die Filme Aleksandr Sokurovs in der ehemaligen Sowjetunion nicht gezeigt werden. In insgesamt 30 Werken – Spiel-, Dokumentar- und Kurzfilmen – befindet sich Aleksandr Sokurov auf der Suche nach einer kinematografischen Sprache, die fundamentale menschliche Erfahrungen vermitteln kann. 1986 wurden seine Filme schließlich freigegeben. Inzwischen hat er eine eigene Meisterschule begründet. Seit 1982 lebt Sokurov in St. Petersburg.

Sokurov erhält den Preis bei einer Gala zu seinen Ehren am 18. November 2006 in Mannheim. Die Verleihung wird begleitet von einem öffentlichen Gespräch in der Festivaletage im Stadthaus in Mannheim. Der Master of Cinema Award wurde in den zurückliegenden Jahren an Raoul Ruiz, Wim Wenders, Edgar Reitz, Theo Angelopoulos, Otar Iosseliani und Zhang Yimou verliehen.