Stadt & Leute

„Unsaubere Statistik von Spiegel Online“

Oberbürgermeister vermisst im Müllgebührenvergleich des Internetmediums das Bemühen um echte Vergleichbarkeit

Sehr deutlich kritisierte Oberbürgermeister Dr. Eckart Würzner jüngst in seiner Pressekonferenz den neuesten Vergleich der Abfallgebühren von Spiegel Online.

„Ich habe mich immer für transparente Vergleiche von Dienstleistungen ausgesprochen. Sie setzen das eigene Handeln mit dem anderer in Beziehung und helfen, die eigenen Kosten gering zu halten. Wenn aber Zahlen ohne Sachkunde einfach nebeneinander gesetzt werden, dann enttäuscht mich das“, so der OB. Grund für den Harnisch ist eine von Spiegel Online am 17. Juli veröffentlichte Vergleichstabelle, in der die Kosten der Müllabfuhr in den 100 größten deutschen Städten gegenüber gestellt werden. Damit wärmt das Internet-Portal einen Vergleich auf, der bereits im Dezember 2007 zu einer Beschwerde der Stadt geführt hatte. Erneut findet sich Heidelberg im Mittelfeld wieder, weil die verwendeten Zahlen nicht mit der Lebenswirklichkeit übereinstimmen.

Denn der Gemeinderat hat am 15. November 2007 mit der Satzung für die Abfallgebühren 2008 die Kosten für die Haushalte im Schnitt um zehn Prozent gesenkt und dabei noch den Service verbessert. Möglich wurde dieses Paket durch optimierte Betriebsabläufe und die Selbstvermarktung des gesammelten Altpapiers: „Das ist eine originäre Leistung des Amtes für Abfallwirtschaft und Stadtreinigung, auf das die Kolleginnen und Kollegen zu Recht stolz sind“, betont der Oberbürgermeister.

Neben der Gebührensenkung wirkt sich die Abfallvermeidungs- und Wiederverwertungsstrategie der Stadt individuell kostensenkend auf die Haushalte aus. Mit der günstigen Biotonne, der kostenlosen Tonne für Verpackungsmüll, der gebührenfreien Papiertonne, bis hin zu zwei gebührenfreien Sperrmüllabholungen im Jahr sowie den Sammelcontainern für Glas und der weitgehend kostenfreien Anlieferung von sortierten Sekundärrohstoffen auf den Recyclinghöfen können die Bürger die Restmüllmenge erheblich reduzieren. Damit sich das auch finanziell für die Heidelberger/innen lohnt, wurde das Bedarfssystem geschaffen, mit der das Müllaufkommen individuell abgerechnet wird.

Solche Fakten sind für den Vergleich von Spiegel Online irrelevant: Er geht von Leerungszyklen aus, bei der das Müllvolumen der Tonnen jeweils voll berechnet wird. Auf diese Weise kommen Ergebnisse zustande, die „nichts mit der Heidelberger Wirklichkeit zu tun haben“, betont Rolf Friedel, Leiter des Amtes für Abfallwirtschaft und Stadtreinigung.

Anhand eines Beispiels macht er den gravierenden Unterschied deutlich: Ein Vier-Personen-Haushalt wird bei Spiegel Online pauschal mit der wöchentlich geleerten 60-Liter-Tonne veranschlagt, die in Heidelberg 214 Euro jährlich kosten würde. Hergeleitet wird die Summe aus der Gebühr für die 14-tägige Abholung der 120-Liter-Tonne, soweit die Fiktion.

Tatsächlich liegen der Stadtverwaltung Erfahrungswerte aus den vergangenen Jahren vor, nach denen Vier-Personen-Haushalte in Heidelberg im Bedarfssystem in der Regel jährlich nur vier bis acht Leerungen einer 120-Liter-Tonne brauchen. Das kostet dann lediglich 104 bis 124 Euro, also etwa die Hälfte des von Spiegel Online ermittelten Wertes. Der Wert liegt dicht hinter dem Ergebnis der Stadt Magdeburg, die mit 97,92 Euro als Günstigste in dieser Behälterklasse abgeschnitten hat. „Wir haben in diesem Jahr aus hygienischen Gründen die 60-Liter-Tonne eingeführt, weil die 120-Liter-Tonnen manchmal zu lange stehen. Die kleinen Behälter werden doppelt so oft geleert, kosten aber bei gleicher Abfallmenge dasselbe. Selbst bei monatlicher Leerung käme ein Vier-Personen-Haushalt auf nicht mehr als 114 Euro Kosten im Jahr“, erklärt Friedel.

Für Heidelbergs Oberbürgermeister „werden hier Äpfel mit Sellerieknollen verglichen. Ich erwarte bei einer seriösen Kostengegenüberstellung das Bemühen nach vergleichbaren Größen. Das ist hier nicht der Fall, weil hier keine vergleichbaren Abfallkonzepte oder Lebenslagen einander gegenüber gestellt werden. Darauf haben wir die Wirtschaftsredaktion von Spiegel Online bereits im Dezember 2007 schriftlich hingewiesen, ohne eine Antwort zu bekommen.“

Über den Städtetag Baden-Württemberg will der Oberbürgermeister deshalb eine Initiative starten, um auf Basis von realen Lebenslagen eine realistische Vergleichsbasis zu schaffen. Kündigt sich doch weiteres Ungemach an: „Mitte Mai hat ein angesehenes Wirtschaftsforschungsinstitut mit vorgefertigten und bereits teilausgefüllten Fragebogen ebenfalls bei den 100 größten deutschen Städten, also auch in Heidelberg, nach den Müll- und Abwassergebühren gefragt. Hier haben wir bereits im Vorfeld auf die Fehlerquellen in der Abfrage und der anschließenden Auswertung hingewiesen“, so Dr. Würzner.