Stimmen aus dem Gemeinderat

CDU

Heinz Reutlinger

Verkaufsoffener Sonntag

Heinz Reutlinger

Am kommenden Sonntag hat Heidelberg nun seinen zweiten „verkaufsoffenen Sonntag“. Er wurde nach heftiger Debatte von der Mehrheit des Gemeinderates beschlossen. Ich habe mich dagegen ausgesprochen. Dabei habe ich mir die Entscheidung wirklich nicht leicht gemacht. Als Mitglied einer Partei, die sich christlich nennt und als Mitglied einer der beiden großen christlichen Kirchen in unserer Stadt konnte und wollte ich nicht anders entscheiden.

Dass am Sonntag auch gearbeitet werden muss, ist unstrittig. Ein Sonntag, an dem niemand arbeiten würde, wäre kein Tag, auf den man sich freuen könnte. Nur ein religiöser Fundamentalismus mag dies anders sehen. Und der ist in der Konsequenz lieblos und damit menschenfeindlich. Der Sonntag ist für den Menschen da und nicht umgekehrt. Auch sollten wir den Menschen nicht vorschreiben wollen, wie sie den Sonntag als Tag der Ruhe und Erholung zu gestalten haben. Zweifellos kaufen auch viele Menschen gerne am Sonntag ein.

Aber wir müssen aufpassen, dass wir nicht eine Grenzlinie überschreiten, wo dann so langsam der Sonntag vom Werktag nicht mehr zu unterscheiden ist. Je mehr Menschen am Sonntag arbeiten beziehungsweise arbeiten müssen, umso mehr verliert der Sonntag seinen eigentlichen Charakter. Und dieser potenziellen Entwicklung galt mein Votum im Gemeinderat. Der Sonntag als individueller und gesamtgesellschaftlicher Ruhetag ist durch nichts zu ersetzen. Er steht dafür, dass der Mensch mehr ist als seine ökonomische Verwertbarkeit.

Dazu kommt, dass der „verkaufsoffene Sonntag“ – wie mir viele Einzelhändler in der Altstadt bestätigen – letztlich nichts bringt. Er löst – insgesamt gesehen – kein einziges Problem, mit dem der Einzelhandel zu kämpfen hat. Der allgemeine Verdrängungswettbewerb wird lediglich zusätzlich auf den Sonntag ausgedehnt, – und dies in der Regel zu Lasten der Kleinen und Schwachen.

Wer am Sonntag einkauft, kauft dafür an einem anderen Tag nicht ein. Er kann ja nicht mehr Geld ausgeben als er hat. Und das wird im Allgemeinen immer weniger. Was der Einzelhandel vor allem braucht, ist Verlässlichkeit politischer Entscheidungen und Vertrauen der Menschen in die Zukunft.

Man sollte aber auch fairer Weise zugestehen, dass es für einen Gemeinderat nicht leicht ist, sich grundsätzlich gegen „verkaufsoffene Sonntage“ zu stellen – dazu wäre viel Mut notwendig! –, wenn sich die Städte und Gemeinden im Umkreis anders orientieren. Kein Gemeinderat setzt sich gerne dem Vorwurf aus, er schaue tatenlos zu, wie die Kaufkraft ins Umland abwandert.

So bleibt zu hoffen, dass die Entwicklung nicht eintritt – es wäre keine Entwicklung in Richtung von mehr Menschlichkeit –, vor der die beiden christlichen Kirchen in einem beispiellosen Engagement gewarnt haben. Ihr Engagement war nicht umsonst, auch wenn das konkrete Ziel nicht erreicht wurde.