Stimmen aus dem Gemeinderat

SPD

Irmtraud Spinnler

Baugruppenarchitektur – Neuland für Heidelberg

Stadträtin Irmtraud Spinnler

In dieser Woche wird im Bauausschuss im Rahmen einer Informationsreihe das Architektenbüro Amann Burdenski über „Baugruppenarchitektur“ referieren. Heidelberg hat mit dieser Art zu bauen noch keine Erfahrung, deshalb war es nahe liegend, sich umzusehen. Wenn von jungen vitalen Stadtteilen mit hoher Bewohnerzufriedenheit die Rede ist, werden das Vauban-Viertel und Rieselfeld in Freiburg sowie die Südstadt in Tübingen genannt. Für die urbane Entwicklung der Heidelberger Bahnstadt sind diese geglückten Beispiele besonders interessant. Unser Stadtplanungsamt organisierte deshalb im letzten September für den Bauausschuss eine ganztägige Exkursion, unter anderem nach Tübingen. Einen Monat später lud die Heidelberger Architektenkammer zur fachkundigen Besichtigung gelungener Projekte nach Freiburg ein. Im Kunstverein gab es hierzu eine Ausstellung zur Baugruppenarchitektur mit interessanten Vorträgen. Als Mitte der Neunziger Jahre großflächig Militärgelände frei wurde, gingen diese Städte neue Wege in der Wohnungspolitik. In Tübingen war die Leitidee „Integration und Vielfalt“; es sollte einer möglichst breiten Gruppe Zugang zu Wohneigentum in der Stadt verholfen werden. Dieses Ziel konnte durch Baugruppen voll erreicht werden: Innerhalb eines Jahrzehnts bauten private Baugemeinschaften einen Stadtteil um, deren Bewohner sich mit ihrem Quartier, ihren attraktiven Wohnungen und individuellen Häusern, ihrem Umfeld identifizieren. Eine hohe architektonische Wohnqualität und ein origineller Geschosswohnungsbau sorgen für städtebauliche Qualitäten. Die Baugruppenarchitektur ist in diesen Städten so erfolgreich, dass sie schon längst zum Regelfall wurde. In Freiburg entstanden auf diese Weise über 2.000 Wohnungen, mit einem Investitionsvolumen von circa 400 Millionen Euro. Ganz ohne städtische Hilfestellung war dieses Experiment nicht umzusetzen. Tübingen unterstützt Bauwillige aktiv bei der Suche nach Interessenten für ihre Projekte, es werden Kontaktmöglichkeiten für Baugemeinschaften geboten. Die Börse informiert über rechtliche und organisatorische Rahmenbedingungen. Bezüglich Größen, Architektur und Wohnformen lässt die Kommune Spielräume offen. Die Gemeinschaft ist selbst Bauträger und deshalb an hoher Qualität und günstigen Kosten interessiert, Gewinn und Wagniszuschlag entfallen. So liegt der Endpreis gegenüber dem Haus von der Stange um rund 20 Prozent niedriger. Durch den gemeinsamen Prozess entstehen „Hausgemeinschaften“, die sich in die Quartiersplanung einmischen und für eine stabile soziale Struktur sorgen. Architekten lenken professionell den Planungsprozess und sind kompetente Dienstleister für Bauwillige. Baugruppenprojekte werden von ansässigen Handwerksbetrieben gebaut und schaffen Arbeitsplätze. Die anfänglichen Kinderkrankheiten sind längst überstanden, das fand ich besonders erfreulich. Heidelberg kann von diesen Erfahrungen voll profitieren.

Informationen im Internet unter www.spd-fraktion-heidelberg.de