Kultur

Chronist mit der Kamera

Friedrich-Ebert-Gedenkstätte zeigt historische Fotografien von Willy Römer

Willy Römer war einer der produktivsten Pressefotografen zur Zeit der Weimarer Republik. Obwohl manche seiner Aufnahmen weltbekannt sind und in keinem Buch über die neuere Geschichte fehlen, ist sein Name in Vergessenheit geraten. Die Friedrich-Ebert-Gedenkstätte ruft ihn derzeit mit einer Ausstellung wieder in Erinnerung.

Während der Inflationszeit: Ein Junge sammelt heruntergefallene Kartoffeln auf.
Während der Inflationszeit: Ein Junge sammelt heruntergefallene Kartoffeln auf. (Foto: Römer)

Die Arbeitsgemeinschaft für Bildquellenforschung und Zeitgeschichte in Berlin hat die Sonderausstellung zusammengestellt. Sie umfasst rund 90 Bilder, die das Leben während der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts – vor allem der Jahre 1918 bis 1933 – widerspiegeln. Insgesamt enthält der weitgehend erhaltene Nachlass Willy Römers rund 60.000 Fotos und 50.000 Glasnegative.

Willy Römer, am 31. Dezember 1887 in Berlin geboren, begann als Fünfzehnjähriger eine Lehre bei der Berliner Illustrations-Gesellschaft, der ersten professionellen Pressebildagentur der Hauptstadt. Von 1915 bis 1918 war er Soldat und fotografierte in Polen und Weißrussland Szenen aus dem Leben russischer und polnischer Bauern. – 1918 brach in Berlin die Revolution aus. Willy Römer wurde ihr wichtigster Bildberichterstatter. Gemeinsam mit dem Kaufmann Walter Bernstein betrieb er die Bildagentur „Photothek Römer & Bernstein“. In den 1920er Jahren bereiste er viele deutsche und europäische Städte und fotografierte auch in Heidelberg.

Sein Berliner Unternehmen (als „Judenfirma“ denunziert) wurde von den Nazis 1937 aus dem Handelsregister gestrichen und 1939 geschlossen. Bernstein starb, Römer wurde an eine NS-Zeitung nach Posen dienstverpflichtet. 1945 kam er nach Berlin zurück und fotografierte nun die zerstörte Stadt. Er starb am 26. Oktober 1979.

Die in der Ebert-Gedenkstätte ausgestellten Fotos vermitteln einen Eindruck von der ungeheuren Themenvielfalt, der sich Willy Römer widmete. Seine Bilder aus dem Berlin des frühen 20. Jahrhunderts zeigen das Gesicht der Stadt, den Verkehr und das Straßenleben, die Arbeit der kleinen Handwerker und die Freizeitvergnügen der einfachen Leute, die politischen Umwälzungen und – besonders eindrucksvoll – die Not der Inflationsjahre.

Der Katalog zur Ausstellung ist in der Ebert-Gedenkstätte für 36 Euro erhältlich. Die Ausstellung ist bis 1.Mai (Dienstag bis Sonntag von 10 bis 18 Uhr und donnerstags von 10 bis 20 Uhr) zu sehen. Der Eintritt ist frei. (br.)