Stadt & Leute
Neue Ansätze in der Arbeit mit Migrantinnen
Ihr Ausländerrat/Migrationsrat informiert
Das Thema „Ehrenmorde, Zwangsheirat sowie häusliche Gewalt bei Migrantinnen“ hat in den letzten Monaten zunehmend Öffentlichkeit erfahren.
Aufgeschreckt durch zahlreiche Mordfälle, verübt überwiegend gegen junge Migrantinnen, die leben wollten wie „Sie und ich“, meldeten sich nicht nur Frauenverbände lautstark zu Wort, zum Beispiel durch offene Positionierungen von MigrantInnen gegen diese Verbrechen sowie kontrovers diskutierte Buchveröffentlichungen. Ein Diskurs ist dabei in Gang gesetzt worden, der höchste Sensibilität erfordert. Es gilt für alle Organisationen, Behörden und einzelne Persönlichkeiten, die sich mit diesen Themen befassen, Sachlichkeit vor Pauschalierung, Aufklärung vor Vorverurteilung und Prävention vor Notpflasterung walten zu lassen.
Der neueste Vorstoß der Union, das Familiennachzugsalter für ausländische Ehegatten generell auf 21 Jahre anzuheben, um, so wörtlich „junge Ausländerinnen vor Zwangsehen zu schützen“, dürfte allerdings in die Rubrik „hoheitliche Maßlosigkeit“ fallen, weil er alle im Ausland geschlossenen Ehen per se als Zwangsehen einstuft.
Auch wenn es sich bei diesen Verbrechen um Einzelfälle handelt, lassen sie eine beachtliche Kluft zwischen der Lebenssituation von deutschen Frauen und Frauen mit Migrationshintergrund deutlich werden, was nicht nur aus integrationspolitischer Sicht verheerend ist. Diese Kluft nicht nur zu beleuchten, sondern zu ihrer Behebung beizutragen, hat sich die Frauenkommission des Ausländerrates/Migrationsrates zum Ziel gesetzt. Als wichtiger kommunaler Akteur ist das Amt für die Gleichstellung von Frau und Mann der Stadt Heidelberg mit seinem Heidelberger Interventions-Modell (HIM) gegen häusliche Gewalt gleichermaßen als Mit-Initiator und Kooperationspartner in diese Arbeit eingebunden.
Ein wesentlicher Baustein dieses Projektes ist deshalb die gemeinsame Durchführung von Informationsveranstaltungen zu häuslicher Gewalt, dem Platzverweisverfahren, Gewaltschutzgesetz und vieles mehr in den Migrantenvereinen selbst. Dabei verfolgen wir das Ziel, nicht nur möglichst viele Migrantinnen zu erreichen, sondern diese auch unmittelbar einzubinden, als Multiplikatoren zu gewinnen.
Als politisches Organ werden wir auch kontrovers über so brisante Themen wie den Kopftuchstreit, Ehrenmorde und Zwangsheirat diskutieren.
Zu Recht betont die ehemalige Migrationsbeauftragte des Bundes Marieluise Beck in ihrem Bericht 2005: „Um die Lebenssituation von Frauen ausländischer Herkunft zu verbessern und ihre Integration in allen Lebensbereichen zu fördern, müssen Strukturen geschaffen werden, damit Chancengleichheit nicht nur zwischen Mann und Frau, sondern auch zwischen deutschen und nichtdeutschen Frauen entstehen kann“.
Gerade dieser Gesichtspunkt kommt in der aktuellen Debatte zu kurz. Dies zu ändern, sieht der Ausländerrat/Migrationsrat als eine seiner Kernaufgaben an.
(Verantwortlich für den Inhalt: Ausländerrat/Migrationsrat der Stadt Heidelberg, Geschäftsstelle: Telefon 58-10360, E-Mail auslaenderrat@heidelberg.de.)