Stadt & Leute
Das Wohl der Scheidungskinder im Blick
Neues Heidelberger Kooperationsmodell „HEIKO“ soll verhindern, dass Kinder Streitobjekt bei einer Scheidung werden
Auf Initiative der Stadt Heidelberg haben sich das Familiengericht, das städtische Jugendamt, die gesamte Heidelberger Anwaltschaft sowie alle Erziehungsberatungs-, Ehe- und Lebensberatungsstellen auf ein gemeinsames Kooperationsmodell geeinigt, mit dem Ziel, Kinder nach einer Scheidung nicht zum Streitobjekt der Eltern werden zu lassen.
HEIKO steht für das „Heidelberger Kooperationsmodell für die bei Trennung und Scheidung in familiengerichtlichen Verfahren beteiligten Professionen“. Damit sollen Fragen der elterlichen Sorge und des Umgangsrechts aus streitigen Auseinandersetzungen herausgehalten werden. „In dieser Größenordnung ist unser Modell für Deutschland einmalig. Der Deutsche Anwaltverein wird das Verfahren auf gesamter Bundesebene allen örtlichen Anwaltsvereinen als Standard vorstellen“, so Michael Eckert, Vorsitzender des Anwaltsvereins Heidelberg.
Oberbürgermeister Dr. Eckart Würzner begrüßt die Initiative, die jetzt im Jugendhilfeausschuss vorgestellt wurde: „Dieses Modell bietet große Chancen, nach einer Scheidung zu einer vernünftigen außergerichtlichen Einigung beim Sorgerecht zu kommen. Nun hoffen wir, dass die betroffenen Eltern dies zum Wohl ihrer Kinder auch nutzen.“ Allein in Heidelberg werden pro Jahr rund 330 Ehen geschieden, davon betroffen sind jeweils 280 Kinder.
Nach dem Gesetz haben die Eltern grundsätzlich das gemeinsame Sorgerecht. In den seltensten Fällen aber erfolgt eine Scheidung friedlich. Stattdessen werden Anträge auf das Sorge- oder Umgangsrecht häufig „streitig eingereicht“. Dabei geht es den Eltern keineswegs immer nur um das Wohl der Kinder, sondern diese werden instrumentalisiert, um andere, meist materielle Interessen durchzusetzen. Leidtragende sind die Kinder. Hier setzt „HEIKO“ an: Den betroffenen Kindern sollen nach der Scheidung beide Elternteile erhalten bleiben, Elternverantwortung und -kompetenz gestärkt werden. Eine weitere Eskalation soll durch frühzeitige klare Regelungen zwischen den Eltern verhindert werden.
Das Verfahren
Ein früher Anhörungstermin beim Familiengericht soll verhindern, dass sich die Fronten weiter verhärten. Das Jugendamt nimmt zuvor bereits Kontakt mit der Familie auf und führt mit allen Beteiligten erste Gespräche. Sollten sich hierbei die Eltern bereits mit dem Jugendamt einigen, kann der geplante Anhörungstermin aufgehoben werden.
Geht es doch vor Gericht, arbeiten alle Beteiligten auf eine Einigung der Eltern hin. Sollte nach dieser Anhörung auch noch keine Einigung möglich sein, kommen die Erziehungsberatungs-, Ehe- und Lebensberatungsstellen ins Spiel. Nach maximal fünf Beratungsterminen erhält das Paar eine Bescheinigung, ob es zu einer gemeinsamen Regelung kam oder nicht. Die Ergebnisse werden im Urteil des Familiengerichts berücksichtigt. Erst wenn alle Einigungs- und Beratungsmöglichkeiten vergebens waren, entscheidet das Gericht über Sorge- und Umgangsregelungen. (ck)