Thema der Woche

Angebotsvielfalt und Branchenmix verbessern

„Zukunft des Einzelhandels“: Informations- und Diskussionsveranstaltung in der Stadthalle – Innenstadt-Forum wird Entscheidungsprozess begleiten

Die Stadt Heidelberg hatte eingeladen und rund 700 Bürgerinnen und Bürger kamen am vorvergangenen Montag in die Stadthalle, um über das Thema „Zukunft des Einzelhandels“ zu diskutieren.

Karte mit den im Artikel ausgewiesenen fünf Standorten.
Diese fünf Standorte kommen nach Ansicht der Stadtverwaltung für die Ansiedlung hochwertigen Einzelhandels in Frage. (Abbildung: Amt für Stadtentwicklung und Statistik)

Auf dem Podium saßen vier ausgewiesene Einzelhandelsfachleute: Als externe Experten Dr. Stefan Holl von der Gesellschaft für Markt- und Absatzforschung (GMA), die für die Stadt Heidelberg das Einzelhandelsgutachten erstellt hat, und Rolf Junker vom Büro Junker und Kruse, Mitautor des Buches „Angriff auf die City“, das sich kritisch mit Shopping-Centern auseinandersetzt. Den örtlichen Einzelhandel vertraten Claus Seppel, Präsident des Einzelhandelsverbandes Nordbaden, und Volker Dieterich, Erster Vorsitzender von PRO Heidelberg.

Revitalisierung der Innenstadt

„Wir sind der Meinung, dass das Thema „Revitalisierung der Innenstadt“ in einem intensiven Dialog mit der Bürgerschaft diskutiert werden sollte“, betonte Oberbürgermeister Dr. Eckart Würzner zu Beginn der Veranstaltung. „Die Entwicklung des Einzelhandels in unserer Stadt ist von zentraler Bedeutung für uns alle.“ Der richtige Weg sei, nicht ausgehend von den Investorenmodellen zu diskutieren, sondern zunächst gemeinsam mit der Bürgerschaft zu klären, an welchen Standorten Heidelberg sich eine Aufwertung und auch die Ansiedlung zusätzlichen Einzelhandels vorstellen könne.

Kaufkraftbindung sinkt

Warum sich in Heidelberg in puncto Einzelhandel etwas tun muss, erläuterte Stefan Holl. Aus der GMA-Untersuchung ergibt sich, dass es Heidelberg nicht so gut wie vergleichbaren Städten gelingt, Kaufkraft zu binden. Trotz einer Zunahme der allgemeinen Kaufkraft um 22 Prozent sei die Kaufkraftbindungsquote um rund zwölf Prozent gesunken. Das heißt, Heidelbergerinnen und Heidelberger geben ihr Geld zunehmend woanders aus. Auch die „Zentralität“, ein Kennwert für die Attraktivität Heidelbergs für Kunden aus dem Umland, sei um elf Punkte gefallen. Bis zum Jahr 2010 wird ein weiterer Umsatzrückgang von 27 Millionen Euro prognostiziert. Als notwendige Maßnahmen empfahl Holl eine „Verbesserung des Branchenmixes“ und die „Ansiedlung moderner und konkurrenzfähiger Einzelhandelsbetriebe“.

„Sie müssen Heidelberg nicht neu erfinden, gleichwohl müssen Sie sich fragen, ob die Leitfunktion Einzelhandel durch ein Einzelhandelszentrum gestärkt werden kann“, so Rolf Junker, der empfahl, „den Trend ein Stück weit mitzumachen, weil die Kunden es wollen“. Was macht ein Center aus, das der Stadt hilft? „Es stützt die räumliche Einzelhandelsstruktur, es ist baulich integriert, es passt sich von der Größe her an und es ergänzt den Branchenmix“, erläuterte Junker.

Für Claus Seppel war Heidelberg einst die Stadt, „die für Mode sprach“. „Was der Heidelberger Handel im Wettbewerb braucht, ist Klasse statt Masse“, so der Vertreter des regionalen Einzelhandels. Mannheims Erfolg beruhe darauf, dass es „die Vielfalt in den Mittelpunkt“ gestellt habe. Auch Volker Dieterich sieht in Heidelberg eine „Uniformität des Angebotes, fehlende Qualitätsanbieter und zu wenig Magnete“. Oberstes Ziel ist für den PRO-Heidelberg-Vorstand die Sicherung des Einzelhandels in der Innenstadt.

„Wir stehen am Anfang eines spannenden Prozesse, in dem noch nichts entschieden ist“, betonte Joachim Hahn, Leiter des Amtes für Stadtentwicklung und Statistik. Er stellte fünf mögliche Standorte vor (siehe Plan auf dieser Seite). Sie folgen der Expertenempfehlung, an den Enden des Hauptgeschäftsbereiches zwei starke Pole zu bilden („Hundeknochenprinzip“).

• Theaterstraße: Hochwertiges Bekleidungshaus mit bis zu 8.000 Quadratmetern Verkaufsfläche

• Altklinikum: Citynahes Einkaufszentrum bis 18.000 Quadratmeter Mietfläche

• Bismarckplatz: Bis 8.000 Quadratmeter Verkaufsfläche

• Friedrich-Ebert-Anlage: Umgangreiches Nahversorgungssortiment bis 5.000 Quadratmeter Verkaufsfläche

• Anatomiegarten – Psychologisches Institut: Hochwertiges Kaufhaus bis 6.000 Quadratmeter Verkaufsfläche

Erster Bürgermeister Prof. Dr. Raban von der Malsburg berichtete über die bei der Stadt Heidelberg eingegangenen Anfragen. „Wir haben gegenwärtig zehn Interessenten, die in Heidelberg investieren wollen.“ Das sei nur eine Momentaufnahme, denn jüngst auf der München Expo Real hätten zwei weitere Investoren ihr Interesse bekundet. Zwei wollen in die Bahnstadt, aber „das meiste Interesse besteht in der Theaterstraße und im Altklinikum“.

Der Vorschlag eines Einkaufszentrums in der Bahnstadt wird aber nicht weiterverfolgt. Befürchtungen bezüglich der Schulen an der Theaterstraße zerstreute OB Dr. Würzner: „Ein großes Einkaufszentrum in der Theaterstraße ist mit mir nicht zu machen.“

Wie geht es weiter?

OB Dr. Würzner kündigte die Gründung eines Innenstadt-Forums an. Teilnehmer des Forums sollen neben Vertretern der Gemeinderatsfraktionen und der Bezirksbeiräte Altstadt und Bergheim auch Vertreter der Wirtschaft, von Vereinen, Verbänden und Initiativen sein. Das Forum wird noch in diesem Jahr eingerichtet. „Wir können den Weg nur gemeinsam gehen“, betonte Dr. Würzner. (rie)