Aktuelles

„Dialog ist angesagt“

Auf dem Podium geballte Expertise, im Publikum geballte Bürgerkompetenz, auf beiden Seiten eine Botschaft: Mehr Bürgerbeteiligung muss her! Aber wie? Dazu gab es auf der vom Deutsch-Amerikanischen Institut (DAI) veranstalteten Podiumsdiskussion „Bürgergesellschaft“ am 11. November jede Menge Anregungen und Antworten.

Diskutierten über Formen der Bürgerbeteiligung (von links): Prof. Dr. Klaus von Beyme, Paul Vandeventer, Moderator Jakob Köllhofer, Oberbürgermeister Dr. Eckart Würzner, Prof. Helmut Klages. Ebenfalls auf dem Podium, aber hier nicht abgebildet: Laura Thimm-Braun, Albertus Bujard und Dr. Steffen Sigmund.
Diskutierten über Formen der Bürgerbeteiligung (von links): Prof. Dr. Klaus von Beyme, Paul Vandeventer, Moderator Jakob Köllhofer, Oberbürgermeister Dr. Eckart Würzner, Prof. Helmut Klages. Ebenfalls auf dem Podium, aber hier nicht abgebildet: Laura Thimm-Braun, Albertus Bujard und Dr. Steffen Sigmund. (Foto: Rothe)

Zuallererst von Paul Vandeventer, US-Experte für Bürgerbeteiligung und Mitglied des Heidelberg Club International. Seine Erkenntnis und Empfehlung: „Trying to make big systems change“ sei ebenso nötig wie zeitaufwendig und benötige viele kleine Schritte und Experimente. Wesentlich fürs Gelingen einer guten Einbindung der Bürger sei die Herstellung einer von Vertrauen und Respekt geprägten Atmosphäre.

Heidelberger Modell

Der Wunsch nach mehr Beteiligung werde überall in Deutschland laut, und dies trotz vielfältigster Beteiligungsgremien, fasste Oberbürgermeister Dr. Eckart Würzner die aktuelle Situation zusammen. Heidelberg sei dabei, gemeinsam mit Experten und Bürgern neue Beteiligungsformen zu entwickeln, die sich ganz eng an den Bedürfnissen der Menschen orientieren. Die Verwaltung habe ein Konzept für die Grundstruktur des Beteiligungsprozesses erarbeitet, das in den nächsten Wochen vom Gemeinderat verabschiedet werden soll.

„Sind neue Fernen entstanden?“, fragte Moderator Jakob Köllhofer. Nicht neue, aber jetzt sehr virulente, antwortete der Heidelberger Politikwissenschaftler Prof. Dr. Klaus von Beyme. Er empfahl, mehr Bürgerentscheide zu bemühen, auf Schlichter (wie aktuell zu Stuttgart 21) zu setzen und – im Rückblick auf den Bürger-entscheid zur Stadthalle – jeden zu mobilisieren und nicht nur ausgewählte Zielgruppen.

Als Experte und Ideengeber für das geplante Heidelberger Modell der Bürgerbeteiligung stellte Prof. Helmut Klages klar: Es geht nicht um ein gänzlich neues System, sondern um die Weiterentwicklung der repräsentativen Demokratie. Die bisherigen Formate der Bürgerbeteiligung greifen ganz offensichtlich nicht mehr. Es gelte, die Menschen konsequenter, kontinuierlicher und vor allem frühzeitiger zu informieren und mitzunehmen: „Dialog ist angesagt“, so Klages.

Top down funktioniert nicht mehr

Und wie organisiert man das? „Top down funktioniert nicht mehr“, betonte Dr. Steffen Sigmund, Vorsitzender der Heidelberger Bürgerstiftung und Autor einer Studie zur Bürgerbeteiligung in Heidelberg. Er nannte vier wesentliche Komponenten für eine gelingende Beteiligung:

  1. Die Verständigung darauf, welche Projekte und Prozesse berücksichtigt werden,
  2. Partizipationsregeln,
  3. Rechenschaftsprozesse für jede Beteiligungsstufe,
  4. bürgerschaftlich gebildete Bürger.

„Die Zutaten für den Beteiligungsprozess sind in Heidelberg hervorragend vorhanden“, konstatierte Albertus Bujard von den Bürgern für Heidelberg. Er appellierte, aus den Defiziten der Vergangenheit zu lernen: Projekte seien bisher stets als „alternativlos“ dargestellt worden. Außerdem dürften Informationsveranstaltungen nicht zu Verkaufsveranstaltungen verkommen. Und das Ziel dürfe nicht mit dem Weg gleichgesetzt werden. Denn: „Es gibt immer viele Wege zum Ziel.“

Jede/r muss sich angesprochen fühlen

Laura Thimm-Braun, Vorsitzende des Heidelberger Jugendgemeinderates, wünschte sich einen „symmetrischen Beginn der Diskussion“ über ein Projekt. Man müsse es „hinkriegen, dass jede und jeder sich angesprochen fühlt“.

Die bei der Podiumsdiskussion im DAI angesprochenen Bürger/-innen hatten bereits einige Ideen und Wünsche parat: Man möge eine Sprache finden, die für alle verständlich sei. Man solle Frühwarnsysteme einrichten. Man solle die Bezirksbeiräte viel stärker einbinden, denn sie seien näher dran an den Bürgern. Und: Die Verwaltung solle schnellstmöglich Beteiligungsformate im Internet anbieten. (hei)