Kultur

Märchenhaftes aus dem Nähkästchen

Eine Sonderausstellung in der Textilsammlung Max Berk des Kurpfälzischen Museums

Rotkäppchen, Rumpelstilzchen, Schneewittchen und die sieben Zwerge, sie alle tummeln sich zur Zeit im Textilmuseum in Ziegelhausen. Die Ausstellung „Märchenhaftes aus dem Nähkästchen“ zeigt gestickte Illustrationen der Künstlerin Gertrud Hübner-Nauhaus zu den Märchen der Brüder Grimm.

Frau Holle gestickt von Gertrud Hübner-Nauhaus
Frau Holle gestickt von Gertrud Hübner-Nauhaus

Zunächst nur zur Freude der eigenen fünf Kinder stickte Gertrud Hübner-Nauhaus in den 30er Jahren ihre ersten Bilderbücher. Doch sehr schnell wurde die Stickkunst zu einem selbständigen Teil ihres Werks, das hauptsächlich aus Aquarellmalereien besteht. Das Sticken begleitete die 1989 verstorbene Künstlerin bis ins hohe Alter, wie die Ausstellungskuratorin Dr. Kristine Scherer bei der Eröffnungsfeier erläuterte. Als „kraftvoll und ursprünglich“ beschrieb sie die Stickereien von Hübner-Nauhaus, deren „Betrachten ein Genuss“ sei.

Hübner-Nauhaus wurde im Jahre 1900 im heutigen Tansania (damals Deutsch-Ostafrika) geboren und kam als Zwanzigjährige nach Berlin, wo sie an den Vereinigten Staatsschulen Meisterschülerin des Malers Emil Orlik war. Zu der Märchenthematik wurde sie auch durch ihren Mann Alfred Hübner inspiriert, der am Grimm’schen Wörterbuch mitgewirkt hatte. Nach dem frühen Tod ihres Mannes musste Hübner-Nauhaus ihre Familie durch die Malerei ernähren, wobei sie sehr produktiv war. Ihr Werk umfasst gut 900 Arbeiten.

Bürgermeister Dr. Joachim Gerner wies in seiner Eröffnungsrede auf zahlreiche Bezüge Heidelbergs zur Welt der Märchen hin. Er nannte etwa das Märchenparadies auf dem Königstuhl, die Legenden um den Zwerg Perkeo oder auch das „moderne Märchen“ des „Heidelberger Aschenputtels“ Silvia Sommerlath, die den schwedischen König Carl Gustav heiratete. Und schließlich seien die gesammelten Märchen der Gebrüder Grimm ein Beispiel für die Hinwendung zur mittelalterlichen Sagen- und Mythenwelt in der deutschen Romantik, die ja in Heidelberg ihren Lieblingsort gefunden habe.

Begleitet wird die Ausstellung von einem abwechslungsreichen Rahmenprogramm für Jung und Alt. So wird am Samstag, 12. Januar, „Der Teufel mit den drei goldenen Haaren“ als Puppentheater aufgeführt und am Samstag, 26. Januar, sind vor allem Kinder eingeladen, nach Herzenslust selbst zu sticken.

Außerdem werden regelmäßig Führungen durch die Ausstellung angeboten. Die nächste ist am Sonntag, 25. November, um 15 Uhr unter dem Titel „Myne Fru de Ilsebill will nich so, as ik wol will“.

Die Ausstellung „Märchenhaftes aus dem Nähkästchen“ ist bis zum 27. Januar im Textilmuseum, Brahmsstraße 8, mittwochs, samstags und sonntags von 13 bis 18 Uhr zu sehen. (rey)