Stadt & Leute
„Nennen Sie es Bürgersinn!“
Hans-Joachim Wessendorf informierte den Gemeinderat über die beabsichtigte Rekonstruktion des Hortus Palatinus
Nach den Bezirksbeiräten Altstadt und Schlierbach sowie dem Umweltausschuss informierte Hans-Joachim Wessendorf, Vorsitzender des Stiftungsrates der Stiftung Hortus Palatinus, den Gemeinderat über die Pläne der Stiftung, die einst als „achtes Weltwunder“ gepriesene Gartenanlage wiedererstehen zu lassen.
Kurfürst Friedrich V. hatte 1616 den Gartenarchitekten Salomon de Caus mit den Planungen zur Gestaltung einer Gartenanlage, des „Hortus Palatinus“, als prachtvolle Ergänzung des Schlosses beauftragt. Der „Pfälzer Garten“ erstreckte sich nach den Planungen über fünf Terrassen und war durch kunstvolle Treppenkonstruktionen miteinander verbunden. Ein repräsentativer Garten im Stil der Renaissance sollte entstehen, mit heckengesäumten Beetgruppen, Laubengängen, Pavillons, Brunnen, Standbildern, Bassins, Wasserspielen und einem Irrgarten.
In den Wirren des 30-jährigen Krieges kam das Projekt zum Erliegen. Der Garten wurde nicht ganz fertiggestellt. Während in vielen ähnlichen Fällen aber die Pläne untergingen, sind die Zeichnungen des Hortus Palatinus durch eine Publikation von Salomon de Caus vollständig dokumentiert. Die Gartenanlage ist auch in einem Gemälde von Jacques Fouquières und in einem Stich von Merian dargestellt.
Die Stiftung Hortus Palatinus will nun den untergegangenen Renaissancegarten rekonstruieren, beschränkt auf dasjenige, das nachweisbar im 17. Jahrhundert vorhanden war, das sind etwa zwei von fünf Hektar der Gesamtfläche. Der übrige Garten, darunter Scheffelterrasse und Stückgarten, würden belassen. Insbesondere sicherte Wessendorf zu, dass für die Rekonstruktion nur wenige Bäume gefällt werden müssten. Geplant ist ferner ein Besucher- und Informationszentrum mit Museumsshop und Toiletten. Einheimischen soll eine Jahreskarte für Schloss und Garten zum Preis von etwa 15 Euro angeboten werden.
Die Stiftung will gemeinsam mit dem Land Baden-Württemberg eine gemeinnützige Betriebsgesellschaft gründen. Die Gesellschaft soll sich selbst finanzieren und keiner Subvention bedürfen. Bisher seien rund neun Millionen Euro beisammen. Um mit dem ersten Bauabschnitt beginnen zu können, seien zehn Millionen erforderlich. „Dies ist reines Mäzenatentum, kein Sponsoring“, so Wessendorf. „Keiner der Beteiligten erwartet eine Gegenleistung. Nennen Sie es Bürgersinn!“
Oberbürgermeister Dr. Eckart Würzner betonte, dass es sich derzeit nur um Überlegungen handele. „Erst wenn ein Antrag des Landes vorliegt, können wir auch im Gemeinderat eine vertiefende Diskussion führen.“ Der Oberbürgermeister und zahlreiche Gemeinderatsmitglieder sprachen Hans-Joachim Wessendorf und seinen Mitstreitern Dank und Anerkennung für das große bürgerschaftliche Engagement aus. Aus den Beiträgen der Fraktionen wurde deutlich, dass das Projekt überwiegend positiv bewertet wird, wenn die Denkmalschutzbehörden einverstanden sind und auch in Zukunft Teile des Gartens frei zugänglich bleiben. Eine öffentliche Veranstaltung mit Fachleuten der Denkmalspflege, der Kunstgeschichte und des Naturschutzes sowie eine Ortsbegehung des Gemeinderates sollen weiteren Aufschluss bringen. (rie)