Stimmen aus dem Gemeinderat

CDU

Ernst Gund

Was sind „unsere“ Schulaufgaben?

Ernst Gund

Heidelbergs Schulen bringen wirklich gute Leistungen. So ist im Pisa-Vergleich Baden-Württemberg Spitze, und in Baden-Württemberg hat Heidelberg die höchste Übergangsquote ans Gymnasium. Familienministerin von der Leyen lobte vor der IHK Mannheim vor einigen Tagen die Metropolregion als Trendsetter, wie hier das Problem der Vereinbarkeit von Beruf und Familie angegangen wird. Unser Ministerpräsident will Baden-Württemberg zum „Kinderland“ machen, Oberbürgermeister Würzner hat der Familienförderung und damit der Kinderförderung erste Priorität eingeräumt.

Vielleicht sind wir deshalb so gut und im Vergleich zu anderen so viel besser, weil wir so viele Privatschulen als Konkurrenz haben. Nahezu 50 Prozent unserer Gymnasiasten gehen auf Privatschulen vor Ort, die eine ganztägige Beschulung anbieten. Dieser Konkurrenzdruck hat dazu geführt, dass auch die öffentlichen Gymnasien nach und nach den Ganztagesbetrieb einführen, allein drei Bistros wurden im letzten Jahr „feierlich“ eingeweiht, zuletzt das Hyperion-Bistro am Hölderlin-Gymnasium.

Aber die Pädagogik lehrt, dass die Förderung möglichst früh beginnen muss, in den Kindergärten und Grundschulen. Und hier haben wir noch keine Ganztagesschulen im öffentlichen Bereich, die Emmertsgrundschule ist erst eine „teilgebundene Ganztagesschule“. Diesen wohl in Heidelberg entstandenen Begriff hätte man zum Unwort des Jahres erklären können.

Und weil die öffentlichen Grundschulen das Problem so zögerlich angehen, gründet sich eine private Ganztages-Grundschule nach der anderen. Vor drei Jahren begann die ISH, die International School Heidelberg, vor zwei Jahren die Ritterburg-Grundschule am Englischen Institut, vor einem Jahr die Freie Reform-Schule im Pfaffengrund, und jetzt folgt die BIS, die Baden International School im Norden Heidelbergs unter der Leitung von Julia Bentgens. Motto: wir sind eine „International full-time school“. Zusammen mit der schon länger existierenden französischen Grundschule Marie-Curie und der Montessori-Schule sind das dann sechs Ganztags-Grundschulen in privater Trägerschaft.

Wann folgt die erste richtige öffentliche Grundschule als Ganztagesschule? Nicht einmal die Grundschule der IGH wird ganztägig geführt, obwohl dort die räumlichen und sächlichen Gegebenheiten vorhanden sind, wie Mensa, Hallenbad und Sporthallen, eine Schulbücherei, die von Eltern organisiert wird, usw. Es gibt allerdings die EMBL-group, die Ganztagesgruppe exklusiv für die Kinder der Mitarbeiter des Europäischen Molekular-Biologischen Laboratoriums EMBL.

Hier muss der Gemeinderat Zeichen setzen und die Aufbruchstimmung in Bund und Land nutzen. Nicht jammern wegen des „Demographischen Wandels“ und die „Vergreisung der Bevölkerung“ beklagen, sondern gegensteuern und wie in Frankreich und Schweden den jungen Müttern die Vereinbarkeit von Familie mit Kindern (im Plural) und Beruf ermöglichen. Da hat der Gemeinderat zusammen mit dem Oberbürgermeister – der schon Zeichen gesetzt hat – eine ureigene Aufgabe in der kommunalen Daseinsvorsorge.