Ausländerrat / Migrationsrat

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Gekürzte Rede der Vorsitzenden des Ausländerrates/Migrationsrates Yeo-Kyu Kang anlässlich der Veranstaltung „Mit allen und für alle – Interkulturelles Gesamtkonzept für Heidelberg“ am 10. Mai 2007

Im Namen des Ausländerrates/Migrationsrates begrüße ich Sie herzlich zu dieser Auftaktveranstaltung, die in dieser Art zum ersten Mal stattfindet, und dafür möchte ich unserem OB Herrn Dr. Würzner besonders danken.

Gleich zu Beginn meiner Rede eine kleine Bemerkung: der Titel der Veranstaltung auf der Einladung, „Mit allen und für alle – Interkulturelles Gesamtkonzept für Heidelberg“ hat mir gut gefallen, weil dieser Titel einen Kernpunkt der Integration trifft.

Ohne die Bereitschaft und die Beteiligung der gesamten Einwohner/innen der Stadt kann die Integration der Zuwanderer nicht gelingen. Integration ist keine Einbahnstraße. Leider ist die häufige Haltung vieler Deutscher folgende: „Ihr seid zu uns gekommen und ihr sollt euch gefälligst uns anpassen und integrieren.“ Oder „Ihr sprecht nach 20 Jahren in Deutschland immer noch kaum Deutsch, Ihr wollt euch hier nicht integrieren.“ In solchen Vorwürfen schwingen die Worte mit, die Jahrzehnte Stammtischgespräche beherrscht haben. Die allgemeinen Bilder der MigrantInnen waren und sind für die Mehrheit der deutschen Gesellschaft überwiegend negativ besetzt.

Selbst die Deutschen, die die Lebenswirklichkeit vieler MigrantInnen gut kennen, zeigen von oben herab Mitleid und bestenfalls Toleranz. Selbst dieses schöne Wort „Toleranz“ zeigt aber, wie das Machtverhältnis ist. Wenn man Subjekt und Objekt tauscht, heißt das: Ausländer und Migranten tolerieren die Deutschen. Wie finden Sie den Satz? Für mich klingt er ironisch, obwohl das in Wirklichkeit oft der Fall ist. Viele Ausländer tolerieren tägliche Beleidigungen, unfreundliche Blicke und oft ungerechte Vorwürfe, weil sie den Deutschen gewisse Vorrechte anerkennen.

Was will ich damit sagen? So lange die Integration der Migranten in diesem Verhältnis geschieht, wird es immer schwierig sein.

Wenn die Aufnahmegesellschaft die veränderte Situation der Gesellschaft nicht klar sieht – bald wird 1/3 der Bevölkerung Menschen mit Migrationshintergrund sein –, und sich nicht ohne Illusionen den Konflikten stellen will, werden wir vor unlösbaren Problemen stehen.

Wir wissen, dass Deutschland nach der Aufnahme der ersten Gastarbeiter über 50 Jahre lang kaum eine offensive Integrationspolitik vorangetrieben hat und erst seit einigen Jahren endlich über die Wirklichkeit der eingewanderten Menschen und deren Integration in die Gesellschaft nachdenkt, weil der demografische Wandel der Bevölkerung uns eine beängstigende Zukunft voraussagt und die Bestandsaufnahme der Migrantenkinder und -jugendlichen auf erschreckende Defizite hinweist. Merkwürdig ist nur, dass diese Defizite seit langem bekannt waren und dennoch nicht als gesamtgesellschaftliches Problem wahrgenommen wurde.

Seitdem die Bundesregierung unter der Großen Koalition das Thema Integration zu einer Schwerpunktaufgabe erklärt und 2006 den „Integrationsgipfel“ veranstaltet hat, spürt man deutlich eine andere Atmosphäre.

Das trifft auch auf unsere Stadt zu. Man kann nicht sagen, dass sich unsere Stadt um die Probleme der Migranten nicht gekümmert hat. Durch verschiedene Maßnahmen und Projekte hat sie versucht, ihnen entgegenzuwirken. Trotz des guten Willens fehlte aber in unserer Stadt bis heute ein gesamtstädtisches Konzept für die Integration und das Zusammenleben zwischen Migranten und Deutschen. Die Schaffung des neuen Dezernats mit Schwerpunkt „Integration“ und auch der Integrationsbeauftragten ist ein erster Schritt in die richtige Richtung.

Aber die Amtsstelle allein kann diese große Aufgabe nicht bewältigen. Wir brauchen viel mehr die produktive Zusammenarbeit mit allen Akteuren, d. h. den Ämtern, dem Gemeinderat, den Parteien, Einrichtungen und Bürgerinitiativen und natürlich dem Ausländerrat/Migrationsrat, dem Jugendgemeinderat und auch den ausländischen Vereinen. Ich bin guter Hoffnung, weil ich deutlich gehört habe, von Ihnen, Herr Oberbürgermeister, „Integration sei auch Chefsache“.

Integration kann nicht an den Betroffenen, die im Grunde wir alle sind, vorbei, wie ein Verwaltungsakt vorgenommen werden. Hier ist Partizipation A und O und von ihr lebt die Demokratie.

In unserer Stadt sollen auch die Jugendlichen, deutsche und ausländische, an der Diskussion zur Integration teilnehmen, weil sie direkt Betroffene sind und die Bildung und Ausbildung der Jugendlichen das wichtigste Thema in Bezug auf die Integration ist.

Unsere Stadt steht am Anfang der offensiven Integrationspolitik, sollte aber nicht aus Eile schnell etwas herzaubern wollen, sondern beginnen, gemeinsam richtungsweisende Ziele zu formulieren und konstruktive Konzepte zu entwickeln.

Der Ausländerrat/Migrationsrat ist bereit, all das mitzutragen und wünscht sich von der Stadt, mehr in Anspruch genommen zu werden und mehr Verantwortung übertragen zu bekommen.

Verantwortlich für den Inhalt: Ausländerrat/Migrationsrat der Stadt Heidelberg, Geschäftsstelle: Telefon 06221 58-10360, E-Mail auslaenderrat@heidelberg.de.