Stadt & Leute

Brötchen backen mit Promis

Hauptschüler machten drei Tage lang Praktikum in Heidelberger Bäckereien

Dieser Donnerstag begann sehr früh und anders als gewohnt für Annastasia Reid und Mathis Hug. Die beiden 14-Jährigen Hauptschüler der Wilckensschule gingen an diesem Tag früher als sonst aus dem Haus, statt Mathe und Deutsch erwarteten sie Brotteig und Brezeln: Beim Bio-Bäcker Mahlzahn absolvierten sie einen „Werktag“.

Annastasia Reid und Mathis Hug halfen drei Tage in der Bäckerei Mahlzahn. Unterstützung bekamen sie von Polizist und Verkehrserzieher Michael Pfeiffer. In weiteren sechs Heidelberger Bäckereien absolvierten Hauptschüler mit Promi-Unterstützung einen so genannten Werktag. (Foto: Rothe)
Annastasia Reid und Mathis Hug halfen drei Tage in der Bäckerei Mahlzahn. Unterstützung bekamen sie von Polizist und Verkehrserzieher Michael Pfeiffer. In weiteren sechs Heidelberger Bäckereien absolvierten Hauptschüler mit Promi-Unterstützung einen so genannten Werktag. (Foto: Rothe)

Pünktlich um sechs Uhr trafen sie in der warmen Backstube in der Gaisbergstraße ein. Begleitet wurden sie von Michael Pfeiffer, der ist eigentlich Polizist und wahrscheinlich allen Heidelberger Kindern bekannt als Verkehrserzieher. Er war als Mentor dabei und schwitzte gemeinsam mit den beiden Jugendlichen drei Stunden lang beim Bretzeln drehen, Brot backen oder Teigtaschen füllen mit Schafskäse und Oliven.

Der „Werktag mit Promis“ – drei Tage lang halfen Schüler/innen in Heidelberger Bäckereien – wurde von der Jugend-agentur Heidelberg organisiert, einer Einrichtung, die Hauptschülern den Einstieg ins Berufsleben zu erleichtern sucht. Verantwortlich für das Back-Praktikum waren Lyn Schäfer und Hannah Eberle, selbst noch Schülerinnen und kaum älter als ihre „Klienten“. „Es geht darum, Hauptschultalente zu entdecken und zu fördern“, beschreibt Hannah Eberle den Sinn der Aktion. Die Bäckerei als Einsatzort haben sie ausgewählt, weil er vielseitig ist: Hier wird nicht nur produziert, sondern auch verkauft.

Die Prominenten haben die beiden Organisatorinnen eingebunden, um den Hauptschülern zu vermitteln, dass auch sie daran mitwirken wollen, dass ihre Chancen auf einen Ausbildungsplatz sich verbessern. Bekanntschaft mit Mehl und Teig machten unter anderem die Gemeinderäte Derek Cofie-Nunoo, Werner Pfisterer und Dr. Annette Trabold sowie Jugendgemeinderäte. Landtagsabgeordnete Theresia Bauer half genauso mit wie der Bundestagsabgeordnete Lothar Binding. Von der Stadt Heidelberg waren Theaterintendant Peter Spuhler und Jugendberufshelfer Roland Stienicka mit dabei. Die Teilnahme der Promis verschaffte dem Werktag zudem die nötige Aufmerksamkeit.

„Die Leute sind total nett, aber ich habe mir vorgenommen, kein Bäcker zu werden. Das ist zu anstrengend“, lautete das Urteil von Annastasia nach dem ersten Tag. Auch Mathis konnte der Einsatz in der Bio-Backstube nicht von seinem Berufsziel Hotelfach abbringen. Aber Spaß habe der Werktag schon gemacht, meinten beide.

„Natürlich wäre es das Beste, wenn einer nach dem Werktag sagen würde: Bäcker zu sein, das ist mein Leben“, sagt Lyn Schäfer. Aber das könne man nicht erwarten. Viel wichtiger sei es, dass die Jugendlichen die Erfahrung machen, dass sie etwas schaffen, etwas geleistet haben. Und dabei die Erfahrung machen, dass Prominente auch nur Menschen sind, denen der erste Einsatz in einer Backstube schwer fällt.

Die Prominenten selbst waren begeistert von dem Projekt und hoben hervor, dass sie auch selbst viele neue Erfahrungen gemacht haben. Gleich mehrere boten für die geplante Weiterführung des Projektes – zum Beispiel in der Gastronomie –weitere Unterstützung an.

Neben Mahlzahn waren die Bäckereien Breitenstein, Frisch, Göbes, Gundel, Seip und Müller Einsatzort an drei Tagen. In deren Geschäften wurde ein „Hauptschule-Solidaritätszuschlag“ als Spende erhoben, der zur Finanzierung berufsorientierter Projektarbeit eingesetzt werden soll.

Die jungen „Hilfsbäcker“ kamen aus der Wilckens- und Landhausschule. Zwei Schüler bekamen sogar das Angebot, nach ihrem Schulabschluss eine Ausbildung in „ihrer“ Bäckerei zu beginnen. (neu)