Kultur

Dem Wunder die Hand hinhalten

Gedenkmatinee für Hilde Domin am 14. Mai im Hilde-Domin-Saal der Stadtbücherei

„Immer wenn sie zu sprechen begann, begann der ganze Saal zu leuchten.“ Eine von Oberbürgermeisterin Beate Webers Erinnerungen an Hilde Domin. Die Stadtbücherei und das Theater und Philharmonische Orchester der Stadt Heidelberg hatten am 14. Mai zur Gedenkmatinee für Heidelbergs große Lyrikerin geladen, die am 22. Februar 2006 im Alter von 96 Jahren verstarb.

Blick in den großen Saal der Stadtbücherei bei der Gedenkfeier für Hilde Dommin, im Vordergrund Oberbürgermeisterin Beate Weber.
Bei der Gedenkmatinee für Hilde Domin im großen Saal der Stadtbücherei Foto: Welker

Stadtbücherei-Direktorin Regine Wolf-Hauschild begrüßte die zahlreich erschienenen „Freundinnen und Freunde“ der Dichterin und beschrieb ihre erste Begegnung mit Hilde Domin: Anfang der Sechzigerjahre sei Domin zu einer Lesung in ihre damalige Schule in Biberach gekommen. Lesungen vor jungen Menschen waren bis zuletzt eine Herzensangelegenheit für Hilde Domin. Die Herzensmusik der Dichterin, Werke von Mozart – gespielt von Solisten des Philharmonischen Orchesters – umrahmten die Gedenkmatinée ebenso eindrucksvoll wie Rezitationen, vorgetragen von Christina Lisperoglou vom städtischen Theater.

An die engagierte Ehrenbürgerin erinnerte Oberbürgermeisterin Beate Weber: „Mit ihren wachen Augen und ihrer klaren, hellen Stimme“ war Hilde Domin nicht nur die Frau, die „nach den lauten Jahren um 1968 die Lyrik nach Heidelberg zurückgebracht hat“, sondern eine, die sich im besten Sinne in die Alltagspolitik einmischte und stets für Solidarität und Gerechtigkeit stritt. Der Literaturpreis der Stadt Heidelberg „Literatur im Exil“, den Hilde Domin als erste Preisträgerin 1992 erhalten hatte, werde bald den Namen der großen Dichteren und Ehrenbürgerin der Stadt Heidelberg tragen, verriet die Oberbürgermeisterin.

„Kein Autor ist mir so gegenwärtig geblieben wie Hilde Domin“, bekannte Professor Ulrich Ott, ehemaliger Direktor des Schiller-Nationalmuseums und des Deutschen Literaturarchivs Marbach am Neckar. Das Literaturarchiv verwaltet den Nachlass Hilde Domins und den ihres 1988 gestorbenen Mannes Erwin Walter Palm. Ausgesprochen wichtig sei ihr die politische Unabhängigkeit des Archivs gewesen, erzählte Ulrich Ott und erinnerte an eine weitere Bedingung der Dichterin: die Mechanik des Alphabets außer Kraft zu setzen und unter „P“ wie Palm einsortiert zu werden.

Bedingungslos dagegen waren Hilde Domins Begegnungen mit jungen Menschen, wie Wolfgang Mettenberger, der Leiter der Theater- und Spielberatung Baden-Württemberg, ausführte. Sie habe die jungen Leute immer ernst genommen, nie allein gelassen, ihnen stets Zuversicht und Ansporn gegeben. „Was bleibt Euch von Hilde Domin?“, hatte Mettenberger Schüler/innen des Hölderlin-Gymnasiums gefragt, wo die Dichterin ihre letzte Lesung gegeben hatte. Die Antworten: „Die Erinnerung an eine sehr schöne Frau. Ihre wachen Augen. Ihre Gradlinigkeit.“

Mit ihrer klaren hellen Stimme meldete sich Hilde Domin am Ende der Veranstaltung selbst zu Wort: Nicht müde werden, sondern dem Wunder, leise wie einem Vogel die Hand hinhalten... kam es ermunternd aus dem Lautsprecher. Bewegende Momente. Der Saal leuchtete.  (hei)