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Abwasser zum Baden geeignet

Umweltministerin Tanja Gönner weihte in der Siedlung Neurott eine dezentrale Kläranlage mit modernster Membrantechnik ein

Die kleine Siedlung Neurott im Südwesten Heidelbergs ist in eine Vorreiterrolle geschlüpft. Seit vergangenen Samstag arbeitet hier offiziell die deutschlandweit erste Kläranlage mit modernster Membrantechnologie in der Vor- und Nachklärung.

Baden-Württembergs Umweltministerin Tanja Gönner mit dem Ersten Bürgermeister Prof. Dr. Raban von der Malsburg bei der Einweihung der Kläranlage
Hoher Besuch im Weiler Neurott: Baden-Württembergs Umweltministerin Tanja Gönner mit dem Ersten Bürgermeister Prof. Dr. Raban von der Malsburg bei der Einweihung der Kläranlage (Foto: Rothe)

Die Reinigungsleistung dieser kleinen, auf 100 Einwohnergleichwerte ausgelegten Kläranlage erfüllt spielend die strengen Einleitungsbedingungen für Großanlagen mit mehr als 100.000 Einwohnergleichwerten. Das Wasser, das diese Kläranlage verlässt, hat Badewasserqualität. Es erfüllt die EU-Richtlinien für Badegewässer.

Entwickelt und konzipiert wurde die neue Anlage, die jetzt Baden-Württembergs Umweltministerin Tanja Gönner gemeinsam mit dem Verbandsvorsitzenden des Abwasserzweckverbandes Heidelberg, Erster Bürgermeister Prof. Dr. Raban von der Malsburg, einweihte, vom Fraunhofer-Institut für Grenzflächen und Bioverfahrenstechnik in Stuttgart.

Prof. Dr. Walter Trösch vom Fraunhofer-Institut erläuterte dieses Beispiel „modernster Technik für den ländlichen Raum“ anlässlich der Einweihung: In jedem Haus der Siedlung befördert ein Pumpwerk das Abwasser zur Kläranlage. Dort wird es in der Vorfiltration in einen feststofffreien, kohlenstoffarmen Filtratstrom und einen feststoffreichen Konzentratstrom getrennt. Der wässrige Filtratstrom wird von Phosphat befreit, Mikroorganismen wandeln Ammonium zu Nitrat und Nitrat zu elementarem Stickstoff um.

Kläranlage der Zukunft

Herzstück der beiden Membrantrennstufen sind die Rotationsscheibenfilter. Auf einer rotierenden Hohlwelle sitzen keramische Membranfilterscheiben, deren Poren nur Wasser, aber keine Feststoffe und Mikroorganismen durchlassen. Das gereinigte Wasser wird über die Hohlwelle abgeführt. Seine Einleitung in den nahen Leimbach führt zur klaren Verbesserung dessen Wasserqualität.

Die neue Kläranlage in der Siedlung Neurott ist zwar klein. Prof. Trösch nannte sie aber „das Demonstrationsmodell für urbane Kläranlagen der Zukunft bis 50.000 Einwohnerwerte“ und schloss nicht aus, dass sie „zum Exportschlager Made in Germany werden“ könnte. Auch deshalb wurde das Vorhaben vom Umweltministerium Baden-Württemberg und vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert.

Vor dem Bau der Kläranlage leiteten die Häuser, Höfe und die Ausflugsgaststätte Neurott ihre häuslichen Abwässer und Fäkalien in abflusslose Gruben. Die mussten regelmäßig entleert werden, was jedes Mal die Umwelt belastete, weil stickstoffreiches Abwasser in den Boden gelangte. Eine ordentliche Abwasserreinigung war also notwendig. Der herkömmliche Weg wäre gewesen, das Abwasser aus Neurott über kilometerlange Kanäle zur zentralen Kläranlage zu transportieren

Weil beim Abwasserzweckverband (AZV) Heidelberg Innovation groß geschrieben wird, wurden andere Möglichkeiten gesucht und gefunden. Die Entwicklung des Fraunhofer-Instituts war preiswerter als das Verlegen langer Kanäle. Sie ersparte schließlich den Bewohnern der Siedlung langdauernde Bauarbeiten und dem AZV beachtliche Mehrkosten. (br.)