Kultur
Heidelbergs römische Vergangenheit
Buch über die Auswertung der archäologischen Funde im Neuenheimer Feld erschienen
In den Fünfzigerjahren startete ein Archäologiestudent in Heidelberg eine Rettungsaktion, die Jahre dauern sollte: Berndmark Heukemes barg Zeugnisse der römischen Vergangenheit, die die Bagger beim Bau neuer Straßen oder der Universitätsgebäude im Neuenheimer Feld zu zerstören drohten. Damals ahnte er noch nicht, dass er eines der größten römischen Gräberfelder Mitteleuropas freilegen würde.
Bis 1969 war Dr. Heukemes, von 1962 bis 1992 Leiter der Archäologischen Abteilung des Kurpfälzischen Museums, mit der Bergung von rund 1.400 Grabstätten in Neuenheim beschäftigt. Was er sammelte, hat von 1999 bis 2008 das Kurpfälzische Museum im Auftrag der Deutschen Forschungsgemeinschaft zu einem wesentlichen Teil aufgearbeitet.
Jetzt übergab Dr. Andreas Hensen die von ihm in zwei Bänden zusammengefasste Auswertung der Gräber und Fundstücke an Bürgermeister Dr. Joachim Gerner. Der Archäologe hat gemeinsam mit Dr. Renate Ludwig, Leiterin der Archäologischen Abteilung des Kurpfälzischen Museums, die Aufarbeitung der Fundstücke koordiniert. Dr. Hensen dankte besonders der Deutschen Forschungsgemeinschaft, die das Projekt finanzierte, den beiden Projektleitern Prof. Dr. Dieter Planck, ehemals Präsident des Landesamtes für Denkmalpflege, Dr. Renate Ludwig, den Mitarbeitern der Archäologischen Abteilung am Museum sowie den 22 ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern, die bei der restauraturischen und archivarischen Erfassung der Funde wertvolle Hilfe leisteten.
In den Gräbern konnten 1.413 Individuen identifiziert und rund 100.000 Beigaben geborgen werden. Zudem wurden Grabbauten, Opfergruben und Bestattungen von Tieren untersucht. Auch Überraschendes trat zutage: Das STADTBLATT berichtete im August 2003, dass die Auswertung eines Grabes die Vermutung der Experten bestätigte, dass es im Römischen Reich viele weibliche Ärzte gab.
Der römische Friedhof erstreckte sich entlang der Straße nach Lopodunum (Ladenburg). Dort bestatteten zwischen 80/85 und 185/190 nach Christus Hilfstruppensoldaten und Bewohner der Zivilsiedlung ihre Toten.
Das Buch umfasst das Ergebnis des ersten Projektabschnitts und beinhaltet neben dem Katalog die Resultate der epigraphischen, numismatischen, anthropologischen, zoologischen, botanischen und textilkundlichen Untersuchungen. An der Publikation beteiligten sich 13 Wissenschaftler mit Beiträgen.
Eine Auswahl von Fundstücken wird im Kurpfälzischen Museum, Hauptstraße 97, präsentiert. Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag 10 bis 18 Uhr.
Information
Andreas Hensen, Das römische Brand- und Körpergräberfeld von Heidelberg I. Band 1 Katalog und Untersuchungen, Band 2 Tafeln.
Theiss (Stuttgart) 2009. Erhältlich im Museumsshop.