Thema der Woche

„Stadthalle gefühlvoll erweitern“

Experten plädieren für Ausbau – Professor Mäckler: „Sie werden eine Stadt am Fluss haben, wie es keine zweite gibt“

Wohin soll Heidelbergs Konferenzzentrum? Die drei Experten auf dem Podium der Veranstaltung „Zukunft Konferenzzentrum“, die am 11. Februar stattfand, waren sich einig: Eine erweiterte Stadthalle wäre bei weitem attraktiver als das vom Gemeinderat vor einigen Jahren beschlossene Kongresszentrum am Hauptbahnhof.

Informationsveranstaltung „Zukunft Konferenzzentrum“ in der Stadthalle (Foto: Kresin)
Informationsveranstaltung „Zukunft Konferenzzentrum“ in der Stadthalle (Foto: Kresin)

„Ich würde das Kongresshaus Stadthalle gefühlvoll modernisieren und erweitern“, empfahl Prof. Dr. Michael-Thaddäus Schreiber vom Europäischen Institut für Tagungswirtschaft (EITW) an der Hochschule Harz in Wernigerode. Schreiber hat die Heidelberger Kongresssituation gründlich durchleuchtet: Mit 9.200 Kongressen und Tagungen zählt Heidelberg zu den bedeutendsten Veranstaltungsorten Deutschlands. Der Umsatz in diesem Bereich liegt bei 46 Millionen Euro. Die Kongress- und Tagungsteilnehmer – insgesamt über eine Million pro Jahr, davon 27 Prozent aus dem Ausland – verteilen sich auf 46 Tagungsstätten.

Die Sitzplatzkapazität von 1.250 Plätzen im Großen Saal der Stadthalle ist gering im Vergleich zu Freiburg (1.800), Darmstadt (2.000) oder Mannheim (2.255). Richtig große Kongresszentren bringen es sogar auf die doppelte Anzahl, so hat zum Beispiel das Congress Center Düsseldorf einen Saal mit über 4.000 Plätzen. Es fehlt an Ausstellungsflächen, insbesondere für medizinische und naturwissenschaftliche Kongresse, die sich daraus refinanzieren.

„Kongresse am Fluss“

Die Zahl der Heidelberger Tagungshotels ist mit 26 groß, aber mit durchschnittlich 75 Betten ist das einzelne Hotel vergleichsweise klein. Hotels in Mannheim bringen es auf durchschnittlich 133 Betten, in Darmstadt auf 145, in Düsseldorf sogar auf 200. Kongressveranstalter zögen es vor, ihre Gäste in wenigen größeren Häusern unterzubringen, so Schreiber.

Eine Expertenbefragung belegt: Die große Stärke Heidelbergs liegt im Bereich der touristischen Sehenswürdigkeiten; auch gilt die Stadt als besonders sicher. Ihre Schwächen liegen bei der veranstaltungsbezogenen Infrastruktur und der Qualität der Veranstaltungsstätten.

Das Fazit des Tagungsfachmanns Schreiber: Mit der Stadthalle verfügt Heidelberg über das Alleinstellungsmerkmal „Kongresse am Fluss“. Deshalb sollten dort mehr Sitzplatzkapazität und Ausstellungsfläche geschaffen werden. Am Bahnhof sollte ein Tagungshotel entstehen. Damit könne sich Heidelberg als „Herz“ der Kongress- und Tagungsregion Rhein-Neckar positionieren.

Die Heidelberger Architekturbüros Jürgen Mayer und Schröder, Stichs, Volkmann sind von sich aus initiativ geworden und haben die Machbarkeit eines Konferenzzentrums am Neckar überprüft. Diese Studie kommt, wie Jan Volkmann von [ssv] Architekten berichtete, zu einem positiven Ergebnis und zeigt zudem auf, dass ein Ausbau an diesem Standort wichtige Impulse für die Innenstadtentwicklung geben würde.

Ein „Kultur-Kongresszentrum“, wie es den Heidelberger Architekten vorschwebt, biete im Zusammenhang mit der „Stadt am Fluss“ große Chancen – mit oder ohne Neckar-
ufertunnel. Die Stadthalle könne zum Magnet für die Seitenstraßen werden, das Verkehrs-problem könnte durch Anlieferung von der Neckarseite gelöst werden

Der Frankfurter Architekt Professor Christoph Mäckler hat untersucht, ob die für ein Konferenzzentrum erforderlichen Räumlichkeiten im Bereich der Stadthalle sinnvoll unterzubringen wären. Er kommt zu dem Ergebnis, dass dies grundsätzlich möglich wäre, wenn die Stadthalle um einen ähnlich großen Baukörper ergänzt würde. Mit einem solchen Anbau könnten, so der Architekt, auch derzeit bestehende schwerwiegende logistische Probleme der Stadthalle (Auf- und Abbau bei Veranstaltungen) durch Verlegung der Anlieferungszone in das Untergeschoss behoben werden. „Ich plädiere nachhaltig für eine Stadt am Fluss – Sie werden eine Stadt am Fluss haben, wie es keine zweite gibt“, schloss Mäckler seine Ausführungen.

Einweihung 2012?

Für Oberbürgermeister Dr. Eckart Würzner geben die Ergebnisse Anlass, ernsthaft darüber nachzudenken, die Stadthalle durch einen Anbau der benötigten Ausstellungsflächen auf der Ostseite zu einem vollwertigen Konferenzzentrum auszubauen. Den Mietern des Hauses Untere Ne-
ckarstraße, das einer Erweiterung wahrscheinlich weichen müsste, sagte der Oberbürgermeister für diesen Fall angemessene Ersatzwohnungen zu.

Erster Bürgermeister Prof. Dr. Raban von der Malsburg skizzierte einen möglichen „Fahrplan“ für die Stadthallenerweiterung: „Zwei Jahre Vorlauf, zwei Jahre Bauzeit“ würden benötigt. Bei einer Entscheidung des Gemeinderates im April – nach Vorberatungen im Bezirksbeirat und Stadtentwicklungsausschuss im März – könnte das Konferenzzentrum 2012 seine Pforten öffnen. (rie)