Stadt & Leute
„Melancholie der Dinge“
Der Fotograf Robert Häusser im Gespräch mit Michael Buselmeier
Einen Rekord im „Geschichtenerzählen“ stellte Robert Häusser als Gast in der Reihe „Erlebte Geschichte – erzählt“ auf. Michael Buselmeier ließ ihn gewähren und das Publikum lauschte gespannt, wie es dem Fotografen erging, als er Kaiser Haile Selassie porträtierte oder General Franco beim „Shakehands mit den Amis“ ablichten sollte.
Mit 82 Jahren blickt er zurück auf ein erfülltes, aber nicht immer leichtes Leben, in dessen Mittelpunkt stets die Fotografie stand. Ein 2004 erschienener Fotoband zeigt eine Auswahl von 380 Bildern aus seinem Gesamtwerk,. „Diese Bilder sind eigentlich Ausdruck meiner Biografie“, erklärte Robert Häusser: „Durch alle Bilder ziehen sich die Themen Einsamkeit, Verlorenheit, Endlichkeit und das Existentielle wie ein roter Faden.“ Michael Buselmeier nannte es die „Melancholie der Dinge“.
Robert Häusser gehört zu den international anerkannten deutschen Fotografen und gilt als Wegbereiter einer künstlerischen „subjektiven Fotografie“. Mit sieben Jahren bekam er die erste einfache Kamera von seiner Mutter geschenkt. Amüsiert berichtete er von seinen ersten Aufnahmen eines Bauern, der seine Kuh nicht von der Stelle bekam. Er brachte den Film zum Drogisten und fand ihn eine Woche später als Postkarten-Serie im Schaufenster wieder: „Das war meine erste Ausstellung“, erinnerte er sich nicht ohne Stolz.
Nach der Mittleren Reife verließ er die Schule und machte eine Lehre in einem Stuttgarter Fotobetrieb. 1943 wurde er zum Militär einberufen und geriet 1945 in amerikanische Kriegsgefangenschaft. 1946 wurde er nach Mannheim entlassen, wo seine Verlobte schon auf ihn wartete. Nach der Hochzeit machte sich das junge mittellose Brautpaar auf den Weg in die Sowjetzone, um seinen Eltern, die in der Priegnitz einen Hof bewirtschafteten, zu helfen.
Zum Fotografieren hatte er dort nur noch sonntags Zeit. Trotzdem erhielt er erste Preise und Aufträge zu Reportagen für Zeitschriften. Wegen politischer Schwierigkeiten flüchtete er mit Frau und Kind 1952 in den Westen (allerdings auf getrennten Wegen). Unterkunft fanden sie zunächst bei den Schwiegereltern in Mannheim-Käfertal, wo er gleich ein Fotoatelier einrichtete und Passbilder für zwei Mark verkaufte.
Hier beginnt seine weiße Phase, Bilder, die durch große Helligkeit auffallen. „Nach Nazizeit, Schule, Militärdienst, Krieg, Gefangenschaft und Sozialismus war ich mit 28 Jahren zum ersten Mal im Leben ein freier Mensch“, so Häusser. Er erhielt zahlreiche Aufträge von der Industrie und von Verlagen, nahm an Ausstellungen teil, gestaltete Foto-Bücher über Städte und Landschaften (1961 den Bildband „Heidelberg“), illustrierte Zeitschriften, Architekturbücher und Kunstkataloge. 1968 beschloss er, keine Auftragsarbeiten mehr zu machen und nur noch zu fotografieren, was ihn wirklich interessierte. (doh)