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SPD

Dr. Karin Werner-Jensen

Kreativwirtschaft

Dr. Karin Werner-Jensen

Nun soll sie in noch größerem Umfang nach Heidelberg strömen: Die neue „K-Klasse, von der keiner so recht weiß, was sich dahinter verbirgt (vergleiche dazu auch DIE ZEIT 4.11.2010). In Berlin gibt es angeblich den bundesweit höchsten Anteil an Kreativberuflern, unter anderem KünsterInnen, GaleristInnen, ArchitektInnen, freie JournalistInnen, kleinen PR-.Argenturen, Modeleuten. Standbein-Spielbein: Tags studieren oder arbeiten viele in ihren Berufen, nachts verdienen sie in Bars und Restaurants Geld dazu - bis zur Erschöpfung. Meist seien es noch ungebundene „junge Leute zwischen Mitte 20 und Ende 30, die sich rücksichtslos selbst ausbeuten, um irgendwie durchzukommen…keine Leute mit kleinen Kindern oder gar Angehörigen, die sie pflegen müssen, sagt der Soziologe Ulrich Bröckling (Das unternehmerische Selbst).

Frankfurt, Hamburg, Leipzig, Dortmund oder Oberhausen und viele weitere deutsche Städte haben dasselbe Ziel: Sie wollen mehr Flair und vor allem mehr Geld. Und das geht durch Ansiedlung von mehr Menschen, mehr Dienstleistungen und Industrie - Heidelberg bekommt immerhin 1000 Euro jährlich pro gemeldetem Einwohner vom Land Baden Württemberg. Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit will seine Stadt zur „Topadresse für die Kreativen der Welt“ machen. Denn „Kreativität schafft Infrastruktur und damit Arbeitsplätze …Besucher sollen Bewohner werden“. Dabei sorgen die Softwareentwickler und Medienbranche wohl eher für Umsatz und die Künstler für Flair. Nun weht der Wind der Kreativen wie er will und ist nicht unbedingt in Heidelberg dingfest zu machen – auch nicht durch den neuen Kreativbeauftragten, dessen Jahresgehalt gleich einmal fast die Hälfte der vom Oberbürgermeister vorgeschlagenen Einsparungen im Kulturbereich für den nächsten Haushalt aufbraucht.

Die neuste Studie (Die kreative Ökonomie in HD) zeigt dabei, dass Heidelberg bereits „top“ ist. Nur einige Zahlen: 62% aller Beschäftigten zählen zur „kreativen Klasse“; die Unternehmen schätzen den Standort und sind lokal und regional gut vernetzt; kulturelle Angebote genießen „hohe Wertschätzung“ und „überdurchschnittliche Nachfrage“, mit Kulturausgaben (295 Euro pro Einwohner) steht Heidelberg deutschlandweit „an 3. Stelle“; die Teilmärkte „Buch und Software/Games“ sind bereits „überproportional“ in Heidelberg vertreten. Gewiss ist auch ein TOP noch zu toppen. Aber bei fehlenden 107 Millionen Euro im kommenden Haushalt will die SPD zuerst einmal die „Kreativen“ der Stadt – viele davon im Universitäts- und Wissenschaftsbereich, aber auch in „Handel und Wandel“ kreativ - und den Status Quo im Kulturbereich halten, bevor sie neue Erwartungen weckt.