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Fernwärme für Passivhäuser?

Die Bahnstadt in Heidelberg gilt bundesweit als zukunftsweisendes Projekt mit Vorbildcharakter. Aber es gibt auch Fragen: Warum wurde die Bahnstadt an die Fernwärme angeschlossen, und ist das nicht zu teuer? Und welche Alternativen gibt es? Alfred Kappenstein, Geschäftsführer der Stadtwerke Heidelberg Netze GmbH, äußert sich dazu im Interview:

Alfred Kappenstein, Geschäftsführer der Stadtwerke Heidelberg Netze, im Gespräch mit Ellen Frings, Leiterin Unternehmenskommunikation (Foto: SWH)
Alfred Kappenstein, Geschäftsführer der Stadtwerke Heidelberg Netze, im Gespräch mit Ellen Frings, Leiterin Unternehmenskommunikation (Foto: SWH)

Herr Kappenstein, worin sehen Sie den Nutzen der Fernwärme für die künftigen Bewohner der Bahnstadt?

 Die Fernwärme hat klare ökologische und ökonomische Vorteile. Der ökologische Vorteil liegt in ihrer Effizienz. Dafür ist der Primärenergiefaktor aus der Energie-Einspar-Verordnung, kurz: EnEV, eine gute Messgröße: Dieser Faktor gibt an, wie effizient der Primärenergieträger bei Gewinnung, Umwandlung und Verteilung genutzt wird – je kleiner er ausfällt, umso effizienter wird die Energie genutzt. Die Fernwärme aus Mannheim hat einen Faktor von 0,52, Öl dagegen von 1,2, Gas von 1,1 und oberflächennahe Geothermie 0,9. Wir in Heidelberg haben noch ein weiteres ökologisches Plus: Durch unser geplantes Biomasse-Heizkraftwerk können wir künftig einen Teil des Wärmebedarfs für das Fernwärmenetz mit erneuerbaren Energien decken. Und ökonomisch gesehen ist die Fernwärme in einer Gesamtbetrachtung ganz klar überlegen.

Was meinen Sie mit Gesamtbetrachtung?

Wenn man verschiedene Wärmesysteme vergleicht, darf man nicht nur auf die Verbrauchskosten sehen. Die Fernwärme ist zwar auch da recht günstig, aber vor allem fällt für den Kunden positiv in die Waagschale, dass er keine fixen Kosten für die Wartung oder den Schornsteinfeger zahlen muss. Außerdem sind die Anschaffungskosten für die Kompaktstationen gering. Während Sie etwa für eine  Holzpelletanlage in einem Einfamilienhaus mit einer jährlicher Kapitalbelastung von rund 450 Euro kalkulieren müssen, liegt sie bei einer Kompaktstation bei unter 100 Euro. Diese Berechnungen sind bei uns Alltagsgeschäft – und wir stehen allen Kunden oder solchen, die es werden wollen, gerne zur Verfügung, um sie bei ihren Berechungen zu unterstützen.

Wie stark fallen die Anschlusskosten ins Gewicht?

Die Anschlusskosten sind in der Bahnstadt besonders günstig. Das ist der Vorteil, wenn ein Stadtteil auf dem Reißbrett geplant ist, denn so können wir mehrere Häuser gemeinsam anschließen. Außerdem können wir einen geringeren Anschlusswert wählen, denn wir nutzen den „Gleichzeitigkeitsfaktor“ – das heißt, selbst morgens oder abends wird nicht gleichzeitig aus allen Haushalten das Höchstmaß an Energie nachgefragt. Damit haben zehn Häuser zusammen einen kleineren Anschlusswert als zehn einzelne Häuser, und auch das reduziert den Grundpreis für den einzelnen Eigentümer deutlich.

Und wie ist es mit der Solarthermie?

Solarthermie ist natürlich eine ökologische Alternative. Auch ebök, eine ökologisch orientierte Beratungsgesellschaft, hat den Anschluss der Bahnstadt an die Fernwärme empfohlen, um eine Grundwärmeversorgung zu sichern, und schlägt ergänzend thermische Solaranlagen vor. Allerdings sind bei der Solarthermie die vergleichsweise hohen Anschaffungskosten zu berücksichtigen. Und bei einer Kombination zahlt der Kunde für zwei Wärmsysteme. Das sind dann aber individuelle Entscheidungen.