Stadtentwicklung

Abzug der US Army: historische Zäsur

Die Nachricht vom Abzug der US Army trifft Heidelberg zwar überraschend, aber nicht unvorbereitet

„Die US-Heeresführung in Europa wird zwischen 2010 und 2015 die Einheiten der Standorte Mannheim und Heidelberg auflösen.“ Die Nachricht sorgte vergangene Woche in der gesamten Metropolregion für Unruhe. Oberbürgermeister Dr. Eckart Würzner, der am 23. Juni persönlich von Colonel Bill Butcher über die umfangreichen Abzugspläne der US Army aus Heidelberg informiert worden war, zeigte sich betroffen.

Über 213 Hektar Fläche nutzt die US-Armee in Heidelberg
Über 213 Hektar Fläche nutzt die US-Armee im Stadtgebiet. Die Amerikaner wollen bis zum Jahr 2015 Heidelberg vollständig verlassen. Daraus ergeben sich auch Perspektiven und Chancen. (Grafik: Peh und Schefcik)

„Selbstverständlich war mir klar, dass ein Abzug der Amerikaner nicht gänzlich zu verhindern sein würde – aber nicht in diesem Umfang. Die aktuelle Mitteilung eines Totalabzugs widerspricht in der Tat allen positiven Signalen, die ich in der letzten Zeit aus Washington erhalten habe“, so der Oberbürgermeister.

Deutliche Entlastung für den Wohnungsmarkt

OB Dr. Würzner befürchtet negative wirtschaftliche Auswirkungen eines Abzugs der US Army für Heidelberg. Er bedauert vor allem aber die historische Zäsur, die durch den Abzug vollzogen wird. „Die Amerikaner sind ein Teil von Heidelberg geworden. 1945 wurde hier der erste Standort in Deutschland gegründet. Seitdem sind viele Freundschaften entstanden, und ich bin sicher: Heidelberg hat das Bild Deutschlands in Amerika positiv geprägt.“

Für Heidelbergs Stadtentwicklung ergeben sich aus den US-Plänen aber auch viele Perspektiven und Chancen. So könnte die Lage auf dem angespannten Wohnungsmarkt eine deutliche Entlastung erfahren. Wie Untersuchungen des Statistischen Landesamtes seit Jahren feststellen, fehlen in Heidelberg rund 8.000 Wohnungen.

Die circa 2.500 frei werdenden Wohnungen der US-Streitkräfte und ihrer Familien könnten einen Teil des Wohnungsdefizites ausgleichen. Zusammen mit den 1.800 Wohnungen, die in den nächsten Jahren im neuen Stadtteil Bahnstadt gebaut werden, wäre das aber nur etwa die Hälfte der in Heidelberg benötigten Wohnungen. Von einem drohenden Überangebot an Wohnungen durch den Wegzug der Amerikaner kann also keine Rede sein.

Aber die frei werdenden Flächen und Liegenschaften der US Army bieten auch andere Entwicklungsmöglichkeiten: Sportanlagen, Grünflächen, landwirtschaftliche Nutzungen, Räume für die Kreativwirtschaft - um nur  einige zu nennen.

Die Nachricht vom Abzug der US Army trifft Heidelberg zwar überraschend, aber nicht unvorbereitet. Seit Jahren beschäftigt sich die Verwaltung mit Überlegungen zu einem „Plan B“.

Heidelbergs „Plan B“

Bereits 2006 hatte die Stadt den Stadtplaner Prof. Michael Braum beauftragt, eine Analyse zu den amerikanischen Liegenschaften in Heidelberg anzufertigen und Entwicklungsszenarien aufzuzeigen. Auf der Grundlage dieser Arbeit, die 2008 dem Gemeinderat vorgestellt wurde, sollen die Entwicklungsmöglichkeiten nun konkretisiert werden.

OB Dr. Würzner hat eine ämterübergreifende verwaltungsinterne Arbeitsgruppe eingerichtet und wird dem Gemeinderat vorschlagen, gemeinsam über einen Entwicklungsbeirat einen „strategischen Entwicklungsplan 2020“ zu erarbeiten. Mit Mannheims OB Dr. Kurz will der Oberbürgermeister eine regionale Kooperation ins Leben rufen, denn der Abzug betrifft die gesamte Metropolregion.

Und auch die Bürgerschaft soll intensiv einbezogen werden. Nach der Sommerpause wird die Stadt zu einer ersten Informationsveranstaltung einladen.

Abzug beginnt im Jahr 2014

Gut für Heidelberg: Bis zum angekündigten Abzug bleibt noch ausreichend Zeit. Während die US-Streitkräfte in Mannheim bereits in diesem Jahr abzuziehen beginnen, ist Heidelberg erst ab 2014 betroffen.

Zahlen und Fakten

  • Über 213 Hektar Fläche nutzt die US-Armee in Heidelberg.
  • Patrick Henry Village ist mit knapp 114 Hektar die größte, die Radio Relay Station (Königstuhl) mit rund 2,2 Hektar die kleinste Fläche.
  • In Patrick Henry Village gibt es circa 1.600 Wohnungen, in Mark Twain Village 700.
  • 1949 entstanden die ersten
  • Wohnungen an der Römerstraße, 1954 begann der Bau von Patrick Henry Village.
  • In Heidelberg leben rund 8.000 Angehörige der Army und ihre Familien.
  • Circa 1.000 deutsche Zivilangestellte arbeiten bei den US-Streitkräften in Heidelberg.  (hei)