Thema der Woche

24 Jahre an der Spitze der Stadt Heidelberg

Reinhold Zundels Verdienste wurden im Jahr 1995 vom Gemeinderat mit der Verleihung der Ehrenbürgerschaft gewürdigt

Reinhold Zundel wurde am 9. April 1930 als drittes von elf Kindern eines Schneidermeisters in Brackenheim (dem Geburtsort von Theodor Heuss) geboren. Nach dem frühen Tod des Vaters zog die Mutter, eine energische Frau, die Kinder alleine auf. Zeitlebens war Reinhold Zundel stolz darauf, dass seine Mutter die erste Frau im Gemeinderat seiner Geburtsstadt gewesen ist.

Juni 1995: Reinhold Zundel und Oberbürgermeisterin Beate Weber bei der Verleihung der Ehrenbürgerschaft (Foto: Rothe)
Juni 1995: Reinhold Zundel und Oberbürgermeisterin Beate Weber bei der Verleihung der Ehrenbürgerschaft (Foto: Rothe)

Nach dem Abitur in Heilbronn begann Reinhold Zundel das Studium der Rechtswissenschaften und der Volkswirtschaft, das er sich in harter Arbeit selbst finanzierte, an der Universität Frankfurt. Nach sechs Semestern legte er das Referendarexamen ab, 1957 bestand er die Große Juristische Staatsprüfung als einer der Landesbesten in Hessen. 1957/58 war er Magistratsrat in Langen und Leiter der dortigen Stadtwerke.

Von 1958 bis 1961 war Reinhold Zundel Richter an Amts- und Landgerichten in Frankfurt, Darmstadt und Wiesbaden, bevor er 1962 in das Hessische Justizministerium berufen wurde. Mit 33 Jahren zum Regierungsdirektor und mit 36 zum Ministerialrat ernannt, oblag ihm die berufliche Fortbildung der Referendare, Richter und Staatsanwälte in Hessen.

Als Kandidat der SPD wurde Reinhold Zundel am 3. Juli 1966 mit 36 Jahren zum Oberbürgermeister von Heidelberg gewählt. Er übernahm das Amt im Dezember 1966 als vom Gemeinderat bestellter Amtsverweser. Denn sein offizieller Amtsantritt verzögerte sich wegen verschiedener Einsprüche gegen die Wahl, die von Einsprechern bis zum Bundesverwaltungsgericht verfolgt wurden, um rund zwei Jahre. Erst am 25. Juli 1968 endete die Zeit als Amtsverweser.

Die ersten Amtsjahre waren begleitet von zahlreichen, teilweise gewalttätigen Studentendemonstrationen, die sich nicht nur gegen die Universität, sondern auch gegen die Stadtverwaltung und den Oberbürgermeister persönlich richteten. Sowohl 1976 als auch 1984 wurde Reinhold Zundel jeweils im ersten Wahlgang und mit deutlichen Mehrheiten als Oberbürgermeister wiedergewählt. 1981 war er aus der SPD ausgetreten und führte seitdem sein Amt als Parteiloser.

Reinhold Zundel hat in seiner Amtszeit große Projekte umgesetzt, wie die Altstadtsanierung, den Ausbau der Hauptstraße und ihrer Seitenstraßen zum Fußgängerbereich und die Umgestaltung des Bismarckplatzes zum zentralen Nahverkehrsknotenpunkt. Es entstanden die Wohngebiete Emmertsgrund und Langgewann (wo er bis zum Schluss wohnte). Auf seine Initiative wurden in den Heidelberger Wohngebieten flächendeckend 30-km/h-Zonen eingerichtet, die Weststadt wurde zum verkehrsberuhigten Bereich.

Einen Schwerpunkt in der Bilanz seiner Amtszeit bildete das Schulwesen mit zahlreichen Neubauten, darunter Internationale Gesamtschule, Grundschule Emmertsgrund, Helmholtz-Gymnasium und Berufsschulzentrum an der Mannheimer Straße (mit Carl-Bosch-Schule und Johannes-Gutenberg-Schule). Ein starkes persönliches Anliegen war ihm die Sportförderung. In fast allen Stadtteilen entstanden städtische Sportanlagen, die den Vereinen zur Nutzung überlassen wurden.

Sein Engagement in der Förderung von Wissenschaft und Wirtschaft wurde deutlich in der Ansiedlung des Europäischen Molekularbiologischen Laboratoriums (EMBL) sowie in der Gründung des Technologieparks Heidelberg als einer der ersten Einrichtungen dieser Art in Deutschland. Reinhold Zundel machte die regelmäßigen Treffen der ehemaligen Heidelberger Juden in Israel zur Tradition.

Zu Reinhold Zundels weiteren großen Verdiensten gehörte die Konsolidierung der städtischen Finanzen sowie der – damals sehr sinnvolle – Zusammenschluss von Stadtwerke Heidelberg und Heidelberger Straßen- und Bergbahn unter dem Dach der Heidelberger Versorgungs- und Verkehrsbetriebe. In Zusammenarbeit mit den Nachbargemeinden entstand der Abwasserzweckverband.

Nach 24 Jahren an der Spitze Heidelbergs legte Reinhold Zundel das Amt des Oberbürgermeisters aus gesundheitlichen Gründen am 30. Juni 1990 nieder. Seine kommunalpolitischen Erfahrungen gab er anschließend im Auftrag des Deutschen Städtetages, dessen Präsidium er mehrere Jahre lang angehörte, als Senior-Experte in den neuen Bundesländern weiter.

Der Gemeinderat würdigte die Verdienste Reinhold Zundels um die Stadt Heidelberg und verlieh ihm zu seinem 65. Geburtstag die Ehrenbürgerwürde. Seine Amts-Nachfolgerin, Oberbürgermeisterin Beate Weber, überreichte Reinhold Zundel im Juni 1995 die Urkunde im Rahmen eines Festaktes. (br.)