Kultur

Kein Leben ohne Kunst

Ein STADTBLATT-Gespräch mit dem scheidenden Direktor des Heidelberger Kunstvereins Professor Hans Gercke

Am vergangenen Samstag verabschiedete sich Hans Gercke als Direktor des Heidelberger Kunstvereins. Mit dem STADTBLATT sprach er über die Bedeutung von zeitgenössischer Kunst, seine größten Erfolge und die Zeit nach dem Kunstverein.

Inmitten der Holz-Installation in der Halle des Heidelberger Kunstvereins (v.l.): Jo Achermann, Hans Gercke und Wolfgang Eckert
Zum Abschluss seiner Ausstellungsära hat Hans Gercke (M.) Jo Achermann (l.) eingeladen, vor Ort eine Installation für die Halle des Kunstvereins anzufertigen. Wolfgang Eckert (r.) zeigt im Studio seinen „Entwurf für einen Neubau der Kirche“. Foto: Rothe

STADTBLATT: Sie haben 36 Jahre lang den Heidelberger Kunstverein geleitet. Was war das Hauptanliegen Ihrer Ausstellungsarbeit in diesen Jahren?

Hans Gercke: Aufgabe jedes Kunstvereins ist es, über zeitgenössische Kunst zu informieren. Das habe ich sehr ernst genommen, weil ich denke, dass man ohne Kunst gar nicht leben kann. Sich mit zeitgenössischer Kunst zu befassen, heißt auch Auseinandersetzung mit der Zeit, in der man lebt. Die jeweilige Kunst ist ja immer auch ein Spiegel ihrer Zeit. Man versteht seine eigene Zeit besser, wenn man sich mit dieser Kunst befasst.

STADTBLATT: Gibt es Ausstellungen, an die Sie besonders gerne zurückdenken?

Hans Gercke: Die erfolgreichste Ausstellung in jeder Beziehung war natürlich die berühmte Ausstellung „Blau – Farbe der Ferne“, mit der 1990 der Neubau des Kunstvereins eröffnet worden ist. Da habe ich mir eigentlich einen Traum erfüllt, weil ich schon immer eine Ausstellung über diese bedeutungsgeladene Farbe machen wollte. Man muss nur an die Romantik denken, die Blaue Blume, das Thema hat ja auch etwas mit Heidelberg zu tun. Es war der richtige Moment dafür, die Stadt hat mitgespielt und es waren Sponsoren da. Alle Leute waren gespannt auf dieses Thema und wir hatten sagenhafte Besucherzahlen. Aber es gibt natürlich noch andere Ausstellungen auf die ich sehr stolz bin, zum Beispiel eine Serie von Rauminstallationen.

STADTBLATT: Deshalb zum Abschluss eine Rauminstallation?

Hans Gercke: Ja, die Auseinandersetzung mit dem Raum und mit der Architektur hat mich immer mehr interessiert als zum Beispiel Malerei, was keine Wertung ist. Die Rauminstallation – als Kunstform noch nicht so etabliert – finde ich sehr spannend. Meine letzte Ausstellung sollte etwas Charakteristisches sein und noch einmal den Bogen spannen zu einem Künstler, der zu meiner ersten großen Themenausstellung „Der Baum“ 1985 eine tolle Installation im Freien gemacht hat: Jo Achermann. Ich fand es interessant, ihn jetzt noch einmal zu zeigen.

STADTBLATT: Wie wird Ihre Zeit nach dem Heidelberger Kunstverein aussehen?

Hans Gercke: Ein Journalist schrieb mir: „Bedenken Sie: es gibt auch ein Leben ohne Kunstverein, wenngleich kein Leben ohne Kunst!“ Das finde ich ein schönes Motto. Also, ich bin nicht unglücklich, wenn ich manche Verwaltungsarbeiten und das ständige „hinter dem Geld herrennen“ nicht mehr mache, aber mit der Kunst werde ich mich natürlich weiter beschäftigen: Publizieren, ich schreibe Kunstreiseführer und arbeite bei einem großen Lexikon mit, ich habe einen Lehrauftrag an der PH und dann sind schon einige Anfragen zu Ausstellungseröffnungen bei mir eingegangen. In der Art wird es weitergehen, vielleicht ein bisschen lockerer und gelassener als bisher.  (doh)