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Gesprächsleitfaden ist rechtswidrig

Gutachten des Max-Planck-Instituts stellt Verstoß gegen UN-Konvention fest

Der Gesprächsleitfaden zur Einbürgerung, den die Kommunen auf Weisung des baden-württembergischen Innenministeriums seit 1. Januar 2006 anwenden sollen, ist nach einem Gutachten des Heidelberger Juristen Professor Rüdiger Wolfrum und dessen Mitarbeiter Dr. Volker Röben nicht rechtmäßig.

Sachgebietsleiterin Birgit Huber beim Einbürgerungsgespräch
Sachgebietsleiterin Birgit Huber beim Einbürgerungsgespräch in Heidelberg (Szene nachgestellt). (Foto: Rothe)

Wolfrum, Direktor des Max-Planck-Instituts für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht in Heidelberg, kommt zum Ergebnis, dass der Leitfaden eindeutig gegen die Rassendiskriminierungskonvention der Vereinten Nationen verstoße. Der Leitfaden mit seinen 30 Fragen diskriminiere eine bestimmte Gruppe von Einbürgerungsbewerbern, nämlich Muslime.

Oberbürgermeisterin Beate Weber, die das Gutachten in Auftrag gegeben hatte, wartet nun auf eine Stellungnahme des baden-württembergischen Innenministers, Herbert Rech, dem das Gutachten am 9. März übermittelt wurde. Weber: „Das Gutachten hat meine Auffassung bestätigt, dass der Gesprächsleitfaden in der vorliegenden Form rechtswidrig ist. Ich habe Herrn Minister Rech das Gutachten deshalb geschickt und ihn gebeten, Stellung zu nehmen. Ziel muss sein, eine rechtlich einwandfreie Situation zu schaffen, die für alle Einbürgerungswilligen einheitlich gilt. Ich hoffe, dass das Gutachten hier zur schnellen Klärung beiträgt.“

Dr. Volker Röben vom Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht lobte Heidelbergs kritische Haltung in Bezug auf den Gesprächsleitfaden: „Es ist wichtig, dass Behörden die Normen des Völkerrechts ernst nehmen. Sie sind unmittelbar geltendes Recht – auch in Deutschland, damit auch in Baden-Württemberg.“ Der vorliegende Fall sei „einer der seltenen Fälle, in denen man von einem klaren Rechtsverstoß reden kann“, sagte Röben. Oberbürgermeisterin Beate Weber geht davon aus, dass der Fragebogen in der vorliegenden Form zurückgezogen wird.

Von der Einbürgerungsbehörde der Stadt Heidelberg wurden im Jahr 2005 316 Einbürgerungen bewilligt. 43 Anträge wurden zurückgenommen oder abgelehnt. Gründe für die Ablehnung, so Sachgebietsleiterin Birgit Huber, seien neben mangelnden Sprachkenntnissen und unzureichender Aufenthaltsdauer auch Straffälligkeit gewesen. Auch ohne Gesprächsleitfaden seien in der Vergangenheit Bewerber, bei denen Sicherheitsbedenken bestanden, nicht eingebürgert worden. Dazu kooperiere man eng mit dem Verfassungsschutz. Eine Sicherheitsanfrage bei der zuständigen Landesbehörde gehöre bei jeder Einbürgerung zum Standard. Bei Bedenken bestünde für die kommunalen Einbürgerungsbehörden die Pflicht, die entsprechende Bewerbung über das Regierungspräsidium dem Innenministerium vorzulegen. Bedenken hätten bisher in etwa fünf Prozent der Antragsfälle bestanden. (eu)