Stadt & Leute

Ein differenzierter Wohnungsmarkt

Erstes Symposium der Heidelberger Wohnungsunternehmen

Die Heidelberger Wohnungsunternehmen gehen davon aus, dass die Universitätsstadt weiterhin ein attraktiver Ort zum Leben und Wohnen bleibt. Doch bereitet es ihnen Sorge, dass gerade jüngere Familien mit mittlerem Einkommen es schwer haben, geeignete und vor allem preisgünstige Wohnungen zu finden, so die Bilanz beim ersten Symposium der Wohnungsunternehmen Ende April.

Die Unternehmen – die städtische Gesellschaft für Grund- und Hausbesitz GGH, die Baugenossenschaften Familienheim Heidelberg, Neu Heidelberg und Bauhütte Heidelberg – sowie die Bewog und das IBV Wohnungsunternehmen Erich Ross vermieten insgesamt 23 Prozent aller Heidelberger Mietwohnungen, stellte Oberbürgermeister Dr. Eckart Würzner in seinem Grußwort fest.

Beim Symposium wurde deutlich, wie differenziert der Heidelberger Wohnungsmarkt mittlerweile ist. In gesuchten Lagen würden mittlerweile bis zu 15 Euro Kaltmiete für den Quadratmeter gezahlt, so Reinhold Hornig, Baugenossenschaft Neu Heidelberg. In weniger gesuchten Lagen zahle man nur 3,70 Euro. Hornig wandte sich gegen die in Heidelberg weit verbreitete Vorstellung, es gebe eine Wohnungsknappheit. Es gebe heute höchstens eine Knappheit in gesuchten Lagen, in weiten Teilen der Stadt sei der Wohnungsmarkt durchaus entspannt.

Peter Bresinski (GGH) betonte, dass die Heidelberger Wohnungsunternehmen immer noch zu ihrem sozialen Auftrag stehen. Mit ihren durchweg günstigen Mieten (im Durchschnitt 5,01 Euro pro Quadratmeter im Vergleich zu der Heidelberger Mietspiegelmiete von 7,40 Euro) „wirken sie dämpfend und regulierend auf das lokale Mietpreisniveau“. Allerdings sei es heute nicht mehr vordringlich, untere Einkommensschichten mit günstigem Wohnraum zu versorgen, sondern sich auf die mit mittlerem Einkommen zu konzentrieren, da diese oft ins Umland abwandern.

Diesem Trend will die Stadt mit neuen Baugebieten begegnen, die größte Hoffnung liegt im Stadtteil Bahnstadt. Mit 116 Hektar Fläche ist die Bahnstadt größer als die Altstadt. Georg Breithecker, Geschäftsführer der Sparkassen-Immobilien Heidelberg, sieht den neuen Stadtteil als Modell: Hier sollen die Leute nicht nur wohnen, sondern auch arbeiten. Denn im neuen Stadtteil ist auch ein Gewerbegebiet „Campus II“ integriert, das für universitätsnahe Unternehmen gedacht ist. Hier sollen die unterschiedlichen Wohnkonzepte Realität werden, die auf dem Symposium Prof. Volker Eichener, Rektor der EBZ Business School, Bochum, skizziert hatte. Nach seiner Analyse entwickeln sich bis 2020 sechs Konzepte heraus: konventionell-situiert (eher älter, gehobener Standard der Wohnungen/Häuser), anspruchsvoll (Premiumsegment mit hoher Zahlungsbereitschaft) kommunikativ-dynamisch (jung, aufwärtsstrebend, nachbarschaftlich orientiert), häuslich-familiär (Familien mit wenig nachbarschaftlichen Kontakten, eher im Einfamilienhaus), einfach-funktional (sozial schwach, keine hohen Ansprüche) und solide-bescheiden (eher älter, „Kittelschürzengeneration“). Eichener empfahl den Wohnungsunternehmen, den stark wachsenden Wohnkonzepten (anspruchsvoll, kommunikativ-dynamisch und einfach-funktional) besondere Beachtung zu schenken.

In der Diskussion erklärten Bresinski und Hornig als Vertreter der Wohnungsunternehmen, dass ihre Firmen bereits drauf und dran seien, Eicheners Wohnkonzepten Raum zu geben. Gerade die Sanierung der Bestandsimmobilien zielt auf das in Universitätsstädten vorherrschende kommunikativ-dynamische Wohnkonzept ab. Allerdings wollen sich die Wohnungsgesellschaften, anders als von Eichener gefordert, nur im Einzelfall dem Premiumsegment widmen, absolute Priorität habe der Bau von familiengerechten Wohnungen. OB Würzner hatte zuvor erwähnt, dass die Stadt mit dem kürzlich fortgeschriebenen Wohnungsentwicklungsprogramm die Rahmenbedingungen hierfür verbessere.

Christoph Nestor vom Mieterverein Heidelberg hob hervor, dass die Heidelberger Wohnungsunternehmen Partner des Mietervereins seien, da sie für günstigen Wohnraum sorgen. Nestor forderte allerdings von der Kommunalpolitik, bezahlbaren Wohnraum zum Top-Thema zu machen und dafür viel Geld in die Hand zu nehmen.

Geld nehmen die Wohnungsunternehmen jetzt schon in die Hand. Während die Genossenschaften in den nächsten Jahren in erster Linie ihren großen Wohnungsbestand der fünfziger und sechziger Jahre sanieren, will sich die GGH – neben einem ambitionierten 100-Millionen-Euro-Programm zur Sanierung von 900 Wohnungen – besonders bei den Neubaugebieten engagieren. Gerade weil die GGH hier aktiv sei, gab ihr Bürgermeister und GGH-Aufsichtsratsvorsitzender Bernd Stadel eine Art Bestandsgarantie: „Wir können gerade bei unseren neuen Baugebieten froh sein, dass wir noch eine kommunale Wohnungsfirma haben. Andere Städte haben sich aus dem Wohnungsmarkt zurückgezogen, bei uns steht so etwas nicht zur Debatte.“