Kultur

Als Christo das Amerika-Haus verpackte

Kunstverein zeigt Ausstellung „intermedia 69/ 2009: Rückblick auf eine öffentliche Geste“

Zum 40. Jubiläum der „intermedia 69“, zu der einst 80 Künstler nach Heidelberg eingeladen worden waren, zeigt der Heidelberger Kunstverein ab 15. Mai eine Ausstellung. Mit seinem kritischen Rückblick auf das legendäre Fluxusfestival reinszeniert der Kunstverein die Stimmung von 1969.

Verpackung des Amerika-Hauses, Heidelberg, 1969
Verpackung des Amerika-Hauses, Heidelberg, 1969 (Foto: Jochen Goetze Archiv)

Heidelberg im Mai 1969: Für drei Tage spielte die Kunst die Hauptrolle in der idyllischen Neckarstadt. Über 80 Künstler hatten die Veranstalter Klaus Staeck, heute Präsident der Berliner Akademie der Künste, und Jochen Goetze, emeritierter Professor des Geschichtlichen Seminars der Universität Heidelberg, zu „intermedia ’69“ eingeladen. Das Fluxusfestival lockte etwa 5.000 Zuschauer mit Aktionen, Happenings, Filmvorführungen, Konzerten und Performances: Christo verpackte in einer legendären Aktion das Amerika-Haus, Daniel Spoerri kochte Transsylvanisches Gulasch in der Studentenmensa, die Lidl-Akademie turnte für die kommende Olympiade, Jochen Gerz verteilte Flugblätter, die Guru Guru Groove-Band heulte Dada-Rock, Klaus Rinke errichtete eine Wasserfontäne, Michelangelo Pistoletto ließ es auf der Bühne krachen, Tony Morgan verarbeitete Blumen zu Kunst. Das Publikum war nachhaltig irritiert, denn „intermedia 69“ platzte in eine politisch hochexplosive Zeit. Einer zunehmend verunsicherten bürgerlichen Öffentlichkeit standen protestierende Studenten gegenüber, die mit Wucht an den bestehenden Verhältnissen rüttelten. Die Feindbilder waren deutlich und die Fronten klar abgesteckt, als sich die Kunst in Form von „intermedia 69“ wie ein Keil zwischen diese beiden Parteien schob. Ablehnung kam von beiden Seiten. Die bürgerliche Öffentlichkeit fand die Aktionen einfach nur chaotisch, radikale Studenten verurteilten sie als unpolitisch und damit konventionell.

Damit hatten die Veranstalter Klaus Staeck und Jochen Goetze nicht gerechnet. Im Gegenteil: intermedia 69“ war gedacht als Gegenentwurf zu der von vielen als bieder und provinziell empfundenen Jubiläumsausstellung des Kunstvereins. Das Fluxusfestival sollte Alternativen aufzeigen und einen Ausblick wagen auf die Kunst der 70er Jahre.

Mit „intermedia 69/2009 – Rückblick auf eine öffentliche Geste“ reinszeniert der Heidelberger Kunstverein nun die Stimmung von 1969 und reflektiert dabei insbesondere das Phänomen der Herstellung von Öffentlichkeit und dessen Relevanz für heutige, künstlerische Positionen. Gezeigt werden die vielfältigen Aktionen anhand von Textausschnitten, Fotos, Plakaten, Flugblättern, Filmen und originalen Objekten aus dem Archiv Klaus Staecks und dem Besitz der beteiligten Künstler sowie Rekonstruktionen ausgewählter Arbeiten.

Die Ausstellung wird am 15. Mai, um 19 Uhr im Kunstverein, Hauptstraße 97, eröffnet. Zuvor gibt es um 17.30 Uhr ein Gespräch mit Zeitzeugen der „intermedia 69“. Infos zum Rahmenprogramm unter www.hdkv.de.