Stimmen aus dem Gemeinderat
CDU
Heinz Reutlinger
„Stolpersteine“
Ich bedaure, dass das Projekt „Stolpersteine“ – die ebenerdige Verlegung von künstlerisch gestalteten Steinen auf Gehwegen vor Häusern, in denen einst von Nazis vertriebene und später ermordete Bürgerinnen und Bürger wohnten – in Heidelberg auf so große Schwierigkeiten stößt. Das wäre doch ein weiteres deutliches Signal in die richtige Richtung gewesen, zumal braunes Gedankengut noch in vielen Hirnen herumspukt. Ich sehe in der Aktion „Stolpersteine“ – jüngst wurden in unserer Nachbarstadt Mannheim erneut „Stolpersteine“ verlegt – einen Mosaikstein auf dem Weg zu einer würdigen und verantwortungsbewussten Kultur des Gedenkens und des Erinnerns. Sie ist für mich ein Symbol für eine menschlichere Welt.
Ich frage mich auch nach der jüngsten Gemeinderatssitzung: Warum soll in Heidelberg nicht möglich sein – die Aktion ist von freiwilligem Engagement getragen und kostet die Stadt kein Geld –, was in bereits etwa 400 Städten und Gemeinden der BRD möglich, ja offenbar selbstverständlich ist? Ich verstehe diejenigen, die sich damit schwer tun, die Opfergruppen aufzuteilen in die, die sich Stolpersteine wünschen und in die, bei denen dies nicht der Fall ist. Aber haben wir wirklich das moralische Recht, generell die Verlegung von „Stolpersteinen“ zu untersagen, nur weil nicht alle in unserer Stadt – wie offenbar die jüdische Kultusgemeinde – diese besondere Form des Gedenkens und des Erinnerns für gut halten?
Die Heidelberger Debatte um die „Stolpersteine“ ist für mich – zumal ich Zeitzeuge einer schrecklichen Zeit bin – ein echtes Gewissensproblem. Auf dem Weg zur Schule kam ich seinerzeit in Freiburg i. Br. an der brennenden Synagoge vorbei. Damals und in den Jahren danach habe ich hautnah erlebt, zu welchen unglaublichen Verbrechen Menschen fähig sind. Zunehmend wurden Menschen – oftmals kannte man sie persönlich – aus ihren Wohnungen geholt, abtransportiert und, wie man später erfuhr, ermordet. Und in Heidelberg war es nicht anders. Und wenn ich in Freiburg i. Br. bin, wo ich meine Jugendzeit verbracht habe, verweile ich des Öfteren vor einem der dort verlegten „Stolpersteine“ und studiere die Inschrift. Ich würde mir die Möglichkeit für ein solches Innehalten auch für Heidelberg wünschen.