Kultur

Das Ritual des Sehens

„77 Augen: Ägypten – Der Rituelle Blick“ – Eine neue Ausstellung im Völkerkundemuseum

Das Völkerkundemuseum zeigt in seiner neuen Ausstellung Fotografien von Menschen im Ägyptischen Museum in Kairo und Originalobjekte aus den Grabkammern der Pharaonen.

Ein Museumsbesucher macht mit seinem Handy ein Foto von Nofretete.
„Zeigen, dass man gesehen hat...“ , eine Bewältigungsstrategie angesichts der Informationsflut? Foto: Stockhausen

Tag für Tag werden wir mit einer Welle von Bildern überflutet. Wann schauen wir genau hin und wann suchen wir optische Zerstreuung? „Es ist ein übers Auge reinfressen von Informationen,“ sagt Museumsleiterin Dr. Margarete Pavaloi. Das Ritual des Schauens ist Thema der Ausstellung „77 Augen“, die das Völkerkundemuseum in Zusammenarbeit mit dem Sonderforschungsbereich „Ritualdynamik“ der Universität Heidelberg realisiert hat.

Die Fotografien von Friedemann von Stockhausen zeigen Menschen in Museen, wenn sie gedankenversunken vor Vitrinen stehen und die Kunst des alten Ägyptens anschauen. Die Fotografien werden begleitet von Objekten aus der Ägyptischen Sammlung der Universität Heidelberg und der Sammlung des Völkerkundemuseums. Darunter sind Statuen und Fragmente des magischen Papyrus Harris aus der Regierungszeit von Pharao Ramses III (1198-1166). Er enthält Sprüche zur Abwehr von Dämonen, häufig begleitet vom „Udjat-Auge“, einem schützenden Amulett in Augenform.

„Die Statuen, die die Ägypter des Alten Reichs (2800-2150 v. Chr.) in ihren Gräbern aufstellten, standen in unzugänglichen Kammern und waren nicht dazu gedacht, gesehen zu werden. Eher sollten sie selber sehen. Manchen Statuen waren täuschend lebensechte Augen aus Glasfluss eingesetzt,“ sagte Prof. Jan Assmann, ehemaliger Direktor des Seminars für Ägyptologie, in seiner Einführung.

Diese schauenden Statuen sehen sich in den Museen nun mit den Blicken der Besucher konfrontiert. Den spannungsreichen Bogen des Schauens und Schauenwollens nehmen die künstlerischen Arbeiten von Friedemann von Stockhausen auf: „Ich finde es sehr reizvoll, hier die eigenen Arbeiten in Beziehung zu den realen ägyptischen Objekten zu setzten.“ Sie sind nur sparsam mit Kommentaren versehen, damit die Besucher eigene Verbindungen herstellen können.

Friedemann von Stockhausen ist Professor an der Hochschule für Bildende Künste in Braunschweig. Er studierte Kunstgeschichte und Ethnologie an der Universität Köln und Kunst an der Slade School in London. Herausragende Einzelausstellungen fanden u.a. in der Hamburger Kunsthalle und zuletzt in der Galeria Awangarda in Breslau statt. 2000 stellte er in der Ausstellung „Opening the Mouth“ an dem Memphis Art Museum Papierarbeiten und Fotografien aus, die schon auf das Alte Ägypten Bezug nahmen.

Die Ausstellung „77 Augen –Der Rituelle Blick“ im Völkerkundemuseum, Hauptstraße 235, ist bis zum 26. März, mittwochs bis samstags von 14 bis 18 Uhr sowie sonn- und feiertags von 11 bis 18 Uhr, zu sehen. (doh)