Stadt & Leute
„Mehr Ruhe und Meditation“
Renovierung der Heiliggeistkirche bis Ende März – Eingang wird zum Hauptportal auf der Westseite verlegt
Die große Steinmeyer-Orgel ist mit Plastikfolien verdeckt, Haupt- und Seitenschiffe sowie der prächtige Chor sind leer geräumt: In den kommenden Wochen ist die Heiliggeistkirche eine Baustelle und für alle Besucher gesperrt. Eine halbe Millionen Euro investiert die Evangelische Stiftung Pflege Schönau in die Renovierung, die Ende März abgeschlossen sein soll.
Danach können die Besucher das über 600 Jahre alte Gotteshaus ganz neu entdecken, denn schon beim Betreten des spätgotischen Bauwerks wird die wichtigste Neuerung ihre Wirkung entfalten: Der Eingang liegt dann nicht länger zur Hauptstraße hin, das eigentliche Hauptportal im Westen wird seine ursprüngliche Funktion wieder bekommen.
Heiliggeist wurde zwischen 1398 und 1544 erbaut: 1410 war der Chor vollendet, 1441 das Langhaus, 1544 der Turm. Nach der Zerstörung Heidelbergs 1693 im Pfälzischen Erbfolgekrieg wurde 1698 das heutige Mansarddach aufgesetzt. 1705 wurde die Kirche durch eine hohe Mauer zertrennt: Im Chor feierten anschließend die Katholiken ihre Gottesdienste, die Protestanten im Langhaus. Diese Mauer wurde erst 1936 abgetragen.
Der evangelische Dekan und Heiliggeist-Pfarrer Dr. Steffen Bauer erhofft sich von der Renovierung ein besseres Nebeneinander von Besichtigung und Besinnung. Gut eine Million Menschen besuchen alljährlich das kulturhistorisch wichtige Gebäude, ein großer Teil von ihnen sind Touristen. „Nach dem Umbau wird mehr Ruhe, Meditation und Besinnung möglich sein. Touristen haben ein Recht darauf, die Kirche zu besichtigen, aber die Besucher von Andachten und Gottesdiensten sollen davon nicht gestört werden.“ Deshalb wird die Vorhalle im Westen mit einer Glaswand vom Hauptschiff getrennt, um eine Zäsur zwischen Touristenrummel und Kirchenruhe zu setzen. Auch wenn die großen Pforten geschlossen sind, erlaubt die transparente Wand einen freien Blick in die Kirche.
Auch im eigentlichen Kirchenraum wird sich einiges ändern: Die Seitenschiffe sollen künftig unbestuhlt und leer sein, im Hauptschiff beschränkt man sich auf 100 Sitzplätze, im Chor bleiben 400: „Dadurch soll der Charakter der Hallenkirche deutlicher werden,“ so Bauer. Ein neues Lager im Keller erlaubt aber, für hohe Feiertage und Konzerte die Zahl der Stühle schnell aufzustocken.
Eine weitere Änderung soll an die große Tradition von Heiliggeist anknüpfen: Auf den Emporen stand einst die berühmte „Bibliotheca Palatina“, bis die wertvollen Bände 1623, im Dreißigjährigen Krieg, nach Rom entführt wurden. Jetzt sollen Vitrinen am originalen Platz an die Sammlung erinnern, wenn auch nur in Form von Faksimiles.
Wer die steilen Treppen zum Kirchturm erklimmt, um den herrlichen Blick zum Schloss, über Altstadt und Neckartal zu genießen, wird auf einer neuen Route geführt: Der Weg zum Turm verläuft künftig über die Westempore, von wo die Besucher den besten Blick ins Langhaus haben. Am Sonntag, 26. März, wird um 11 Uhr der erste Gottesdienst in der renovierten Kirche gefeiert, die an diesem Tag ihren Besuchern bis 23 Uhr offen steht. Das erste Konzert ist an Karfreitag zu hören: Um 15 Uhr erklingt Bachs Matthäus-Passion. (the)