Familienoffensive Heidelberg

„Schulsystem muss durchlässiger werden“

Interview mit Bürgermeister Dr. Joachim Gerner zum Schulbericht 2007/2008

Einbruch der Schülerzahlen an den Hauptschulen, Rekordzahlen beim Übergang auf die Gymnasien: Diese und weitere aktuelle Entwicklungen an den öffentlichen und privaten Schulen in Heidelberg dokumentiert der Schulbericht 2007/2008. Dr. Joachim Gerner, Bürgermeister für Familie, Soziales und Kultur, nahm Stellung zur den neusten Zahlen.

Front des Kurfürst-Friedrich-Gymnasium am Neckarstaden. (Foto: Rothe)
Heidelberg verzeichnet die höchste Übergangsquote auf Gymnasien im Land und einen Rückgang der Hauptschülerzahlen. Unser Foto zeigt das Kurfürst-Friedrich-Gymnasium am Neckarstaden. (Foto: Rothe)

Was ist für Sie die erfreulichste Entwicklung, die der Schulbericht 2007/2008 dokumentiert?

Dr. Joachim Gerner: Dass in Heidelberg, entgegen dem Landestrend, insgesamt keine größeren Schülerrückgänge zu verzeichnen sind.

Weniger erfreulich ist die Entwicklung der Hauptschülerzahlen in Heidelberg: Sie haben sich in den vergangenen fünf Jahren um 26,6 Prozent verringert. Was gedenken Sie mit den Hauptschulen in Heidelberg zu tun?

Gerner: Das kommt auf die Sichtweise an. Dem Rückgang der Hauptschülerzahlen steht die höchste Übertrittsquote ins Gymnasium in ganz Baden-Württemberg gegenüber. Ich bin froh, dass in Heidelberg so viele Schülerinnen und Schüler einen höheren Bildungsabschluss erreichen. Im Sinne von Anschlüssen statt Ausschlüssen ist darauf hinzuarbeiten, dass das Schulsystem durchlässiger wird, beispielsweise durch mehr und flexiblere Schulverbünde. Dies zu erreichen steht leider nicht allein in der Macht des sächlichen Schulträgers.

Wie beurteilen Sie das wachsende Interesse von Eltern, Kinder schon im Grundschulalter in Privatschulen zu geben?

Gerner: Diese Entwicklung sehe ich mit gemischten Gefühlen. Wir beklagen die viel zu frühe Aufteilung der Schüler im deutschen dreigliedrigen Schulsystem nach der vierten Klasse, und es wäre ein Schritt in die falsche Richtung, wenn wir diese Aufteilung über den Geldbeutel bereits in die Grundschule hinein vorverlagern würden. Der Trend hin zu privaten Grundschulen mag ein Ausdruck des Zeitgeistes sein, aber auch ein Ausdruck der Sorge vieler Eltern, dass ihr Kind auch ja rechtzeitig den Eintritt in die Wissensgesellschaft schafft. Aus der Diskussion um die Ganztagsschulentwicklung in Heidelberg weiß ich, dass unsere öffentlichen Grundschulen, insbesondere durch verstärkte Profilbildung, in der Lage sind, mit den Privatschulen durchaus Schritt halten zu können. An unseren öffentlichen Schulen wird eine sehr engagierte Arbeit geleistet. (eu)