Ausländerrat / Migrationsrat

Jahr der Chancengleichheit

Ihr Ausländerrat/Migrationsrat informiert

Die Europäische Union hat 2007 zum „Europäischen Jahr der Chancengleichheit für alle“ ausgerufen. Mit dieser Initiative leistet die EU-Kommission einen Beitrag zu einer gerechten Gesellschaft. Auch der Ausländerrat/Migrationsrat hatte sein diesjähriges Interkulturelles Fest am 23. Juni 2007 unter das Motto „Jahr der Chancengleichheit“ gestellt.

Chancengleichheit bedeutet, jedem Einzelnen, unabhängig von ethnischer und kultureller Herkunft, die gleichberechtigte Teilhabe an der Gesellschaft sowie den Zugang zu Bildung und Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Die Politik hat bis heute kaum institutionelle Rahmenbedingungen geschaffen, um die soziale Benachteiligung zu verhindern (zum Beispiel im Bildungssystem), und die gleichzeitig als Basis für Anforderungen an Migrantinnen und Migranten zur Integration dienen können.

Die Integration von MigrantInnen in den Arbeitsmarkt ist eine maßgebliche Voraussetzung für ihre Teilhabe an der Gesellschaft und erhöht ihre Chancen auf eine selbstbestimmte Lebensplanung. Personen mit Migrationshintergrund verfügen über Qualifikationen und Potenziale, die oft nicht genutzt oder gefördert werden, wodurch dem lokalen Wirtschaftsraum wertvolle Ressourcen entgehen. Seit nunmehr 10 Jahren sinkt die Ausbildungsbeteiligung von ausländischen Jugendlichen kontinuierlich! Die berufliche Ausbildung ist ein wichtiger Faktor zur Vermeidung von Dauerarbeitslosigkeit. Die Folgen der Konzentration von Armut und sozialer Benachteiligung müssen in den Stadtteilen aktiv bekämpft werden.

Es gibt Stadtteile, die mit ihrer hohen Konzentration von Arbeitslosigkeit und Sozialhilfebezug ein hohes Konfliktpotential besitzen. Diese Stadtteile sind gezielt zu Orten sozialer Integration zu machen. Der Migrantenanteil ist gerade in diesen Stadtteilen häufig hoch. Oftmals leben Migrantinnen und Migranten nicht freiwillig in diesen Vierteln, sondern als Folge von Segregation nach sozialer Lage und oft auch von Diskriminierung auf den Wohnungsmärkten.

Keine demokratische Gesellschaft kann sich auf Dauer leisten, Teile ihrer Bevölkerung von der rechtlichen und politischen Teilhabe auszuschließen.

Integration fördern heißt auch, die Teilhabe an politischen Willensbildungsprozessen zu ermöglichen. Politische Integration setzt somit auch Beteiligungsrechte für Migrantinnen und Migranten voraus. Deshalb plädieren wir für aktives und passives Wahlrecht auf kommunaler Ebene. Auch die politische Selbstorganisation von Migrantinnen und Migranten muss als Integrationsbeitrag verstanden werden.

Der prozentuale Anteil der Angehörigen ethnischer Minderheiten im öffentlichen Dienst ist sehr gering. Im öffentlichen Dienst sind sie im Angestelltenbereich so gut wie nicht vertreten. In krisenanfälligen und gesundheitsschädigenden Arbeitsbereichen sowie in der Gruppe der ungelernten Arbeitskräfte sind sie dagegen überproportional beschäftigt. Diese Situation gilt gleichermaßen für die hier aufgewachsenen Folgegenerationen der ersten Arbeitsmigranten.

Die gesellschaftliche Diskussion über die ökonomische Integration von Migrantinnen und Migranten macht sich bislang sehr stark an vermeintlichen Defiziten fest – sei es in Bezug auf ein generelles Überangebot an Arbeitskräften (in der Diskussion über die Begrenzung der Zuwanderung) oder eine mangelnde Qualifizierung eines Großteils von Migrantinnen und Migranten.

Diese einseitige Betrachtungsweise unterstellt der heterogenen Gruppe von Migranten verallgemeinernd fehlende fachliche, sprachliche oder sonstige Kompetenzen. Stärken oder wertvolle Ressourcen wie Mehrsprachigkeit oder interkulturelle Kompetenz finden hingegen in diesem defizit-orientierten Ansatz keine Anerkennung.

Das Recht auf Bildung ist nicht nur ein eigenständiges Menschenrecht, sondern auch ein zentrales Instrument um auch andere Menschenrechte wahrzunehmen. Gerade hier brauchen wir personell besonders gut ausgestattete Schulen und Jugendeinrichtungen, eine besonders intensive Förderung von Familien und kleinen Kindern, eine besonders qualifizierte Förderung der beruflichen Ausbildung und der lokalen Wirtschaft. Wer die Bildungs- und Berufschancen der Migrantinnen und Migranten wirklich verbessern will, muss sich zum Beispiel für einen Rechtsanspruch auf kostenlose Kita- und Kindergartenplätze einsetzen. Wir brauchen eine kinderfreundliche Politik, bei der das Kind und nicht der Aufenthaltsstatus im Vordergrund steht!

Es müssen bestehende Diskriminierungen – z. B. auf dem Wohnungsmarkt – abgebaut werden. Die Entwicklung einer kultursensiblen Altenhilfepolitik ist Herausforderung für uns. Vorhandene Zugangsbarrieren für Migrantinnen und Migranten zu den Regeldiensten sind abzubauen.

Die Migranten wünschen sich ihre Chancengleichheit – die Politiker sind verpflichtet, diesen Auftrag zu erfüllen!

Verantwortlich für den Inhalt: Ausländerrat/Migrationsrat der Stadt Heidelberg, Geschäftsstelle: Telefon 06221 58-10360, E-Mail auslaenderrat@heidelberg.de.