Stimmen aus dem Gemeinderat
GAL
Memet Kiliç
Wirtschaftsinteressen vor Nachtruhe
Es ist wieder Zeit für die berühmten Heidelberger Sommerabende. Wer kann es sich nicht vorstellen, am Abend mal draußen zu sitzen und etwas zu trinken. Können Sie sich auch vorstellen, dass die Gäste einer Kneipe vor Ihrer eigenen Haustür bis ein Uhr morgens sitzen, etwas trinken und sich fröhlich unterhalten? Würden Sie bereit sein, bei der Hitze Ihre Fenster zu schließen und Ihrem Kleinkind Schlaf einreden, weil Sie am nächsten Morgen zur Arbeit müssen? Dies wird für die Anwohner der Altstadt nun gelebte Realität werden.
Wenn Sie sagen: „Na ja, wer den Luxus hat, in der Altstadt zu wohnen, muss einiges in Kauf nehmen“, dann ist das schon unanständig, wenn es nicht gerade aus Unwissen resultiert. Den Altstädtern wird bereits viel abverlangt, zum Beispiel durch zahlreiche Events, die in der Altstadt stattfinden.
Es ist in der gesamten Welt die grundsätzliche städteplanerische Bemühung, die Kernbereiche nicht nur durch Kundschaft lebendig zu gestalten, sondern gerade auch durch die Anwohner, die eine gute Mischung der Einwohnerstruktur der Stadt abbilden sollen, also insbesondere auch Ältere und Familien mit Kindern.
Bis 23 Uhr können Kneipenbesucher derzeit in der Altstadt draußen sitzen. Bis die Stühle unter einem gewissen Lärm eingesammelt worden sind, ist es schon circa 24 Uhr. Diese Anwohner ertragen seit Jahrzehnten manch betrunkenen, durch die Gassen wandernden Gast, der regelmäßig seine Duftmarken in den Blumentöpfen und an den Haustüren hinterlässt. Es gibt in Heidelberg die Gastronomiebetriebe mit Gärten, die keine Anwohner in der Nachbarschaft haben.
Ausgerechnet die CDU, die gegen die Beschäftigung der drei städtischen Bediensteten war, die für die Ruhe sorgen sollten, stellte den Antrag, die Außenbestuhlungsmöglichkeit bis ein Uhr in den Morgen auszuweiten. Da die neoliberale Haltung vor der einzigartigen Lebensweise in Heidelberg keinen Halt macht, wird leider auch Neuenheim ins Visier genommen. Ich bin mir nicht sicher, ob die Altstädter mit dem Kuhhandel des Gemeinderates (ein Jahr lang probeweise nur am Freitag und Samstag bis 24 Uhr) mit einem blauen Auge davon gekommen sind. Die nächste Attacke auf die Nachtruhe kommt leider bestimmt.