Arbeit & Wirtschaft
„Das Rückgrat des Mittelstands“
Branchentreffen Handwerk: erste Erfolge der städtischen Mittelstandsoffensive, Ruf nach mehr Aufträgen fürs Heidelberger Handwerk und Nachwuchsförderung
Rund 150 Gäste waren der Einladung der Stadt Heidelberg zum Branchentreffen für das Handwerk am 3. Februar gefolgt. Der Saal war voll, die Stimmung trotz einzelner Kritikpunkte positiv. Oberbürgermeister Dr. Eckart Würzner begrüßte die Gäste und erläuterte zunächst die wesentlichen Eckpfeiler der städtischen Standortpolitk, bevor er auf das Handwerk direkt einging.
Mit seiner Ausrichtung auf Forschung, Wissenschaft und Bildung stehe Heidelberg deutschlandweit vergleichsweise gut da. Gerade den wissenschaftsnahen Unternehmen habe Heidelberg seine positive Wirtschaftsentwicklung zu verdanken. Er stellte die hohe Lebensqualität in Heidelberg heraus und schlug bei den wesentlichen Stadtentwicklungsprojekten wie Bahnstadt, Neckar-uferpromenade, Stadthallenerweiterung, Schulsanierungen oder Klimaschutz-Förderprogrammen, die immer direkt auch Aufträge für das Handwerk bedeuten, stets den Bogen zwischen Stadt als Auftraggeberin und dem Handwerk als Leistungsanbieter.
„Sie sind das Rückgrat des Mittelstands“, fasste der OB die Bedeutung der Handwerksunternehmen für Heidelberg zusammen. In Heidelberg gibt es 1.131 Handwerksbetriebe mit rund 7.600 Beschäftigten, über 900 Auszubildenden und einem Gesamtumsatzvolumen von etwa 340 Millionen Euro.
Ulrich Jonas, Chef der städtischen Wirtschaftsförderung, machte deutlich, warum Handwerk und Kommune eng zusammenarbeiten müssen: „Das Handwerk ist ein wichtiger Partner der Kommune, stärkt den Wirtschaftsstandort, bietet Ausbildungs- und Arbeitsplätze. Die Stadt möchte Heidelberger Unternehmen bei der Vergabe öffentlicher Aufträge noch stärker berücksichtigen und betreibt eine aktive, handwerksbezogene Wirtschaftsförderung. Kurz gesagt: Wir sind aufeinander angewiesen und können beide nicht weg.“
Ein wenig Kritik ließ Kreishandwerksmeisterin Margot Preisz, stellvertretend für manche Kollegen, sich nicht nehmen: „Trotz anderer Zusagen passiert es immer wieder, dass Heidelberger Betriebe bei Auftragsvergaben nicht berücksichtigt werden. Hier liegt einer der Gründe, warum manche Kollegen sich an den Ausschreibungen nicht mehr beteiligen.“
An diesem Thema entzündete sich später auch die Diskussion. Die Handwerker warben sehr dafür, ihnen das höhere Heidelberger Lohnniveau bei Ausschreibungen nicht negativ anzulasten, sondern qualitative Gesichtspunkte und das Engagement bei der Ausbildung positiv zu bewerten. Der OB versprach, sich dafür einzusetzen, dass auch die städtischen Gesellschaften in ihrer Vergabepraxis noch stärker die lokalen Unternehmen im Blick haben. In diesem Zusammenhang stellte sich Ulrich Jonas vor die städtischen Kollegen: „In den Vergabestellen sitzen nicht Ihre heimlichen Gegner. Aber es muss natürlich alles auch auf rechtlich einwandfreiem Boden stehen.“
Zuletzt stellte sich Tobias Menzer als neuer Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft vor. Im vergangenen Jahr hat er innerhalb der städtischen Wirtschaftsförderung die Heidelberger Mittelstandsoffensive entwickelt und erste Erfolge erzielt. So konnten alle betreuten Unternehmen vor der Insolvenz bewahrt und 25 Arbeitsplätze erhalten werden. Er bot den Handwerkern und der Stadt jedwede Unterstützung an und empfahl eine gemeinsame Öffentlichkeitsarbeit für das Handwerk.
Denn in einem waren sich alle Beteiligten einig: Das Handwerk braucht dringend qualifizierten Nachwuchs. OB Würzner: „Früher mussten wir uns anstrengen, um allen Jugendlichen einen Ausbildungsplatz anzubieten, heute suchen wir händeringend nach qualifizierten jungen Menschen.“ Margot Preisz stellte eine neue Imagekampagne vor, die Jugendliche für eine Ausbildung im Handwerk begeistern soll.
Die Handwerker haben ihre kritische Position bezüglich der Vergabepraxis der Stadt und ihrer Gesellschaften klar formuliert, würdigten aber auch das große Engagement der Wirtschaftsförderung. „Wir sind zwar noch nicht ganz da, wo wir hinwollen, aber schon deutlich besser als vor zwei Jahren“, fasste Ulrich Jonas die positive Entwicklung zusammen. ( ck)