Kultur

Provokante Kunst für Heidelberg

140 Jahre Heidelberger Kunstverein: Interview mit Direktor Johan Holten

Der Heidelberger Kunstverein wurde 1869 gegründet und gehört mit rund 1.800 Mitgliedern zu den größten der mehr als 300 Kunstvereine in der Bundesrepublik. Erst kürzlich erhielt er die Auszeichnung als „bester Kunstverein Deutschlands“. Ein Gespräch mit Direktor Johan Holten zum 140. Jubiläum.

Johan Holten
Johan Holten

Der Heidelberger Kunstverein wurde kürzlich als „bester Kunstverein Deutschlands“ ausgezeichnet. Was macht den Heidelberger Kunstverein aus? Welche Stärken hat er gegenüber anderen Kunstvereinen?

Holten: Der Heidelberger Kunstverein ist wie fast alle Kunstvereine darum bemüht, junge zeitgenössische Kunst fernab von den Zentren der Gegenwartskunst zu präsentieren. Dass der Heidelberger Kunstverein diesen Anspruch auf besonders hohem Niveau einlöst, wird mit dem Preis „Bester Kunstverein 2009“, den wir dieses Jahr entgegen nehmen durften, glänzend belegt.

Sie haben beklagt, dass zeitgenössische Kunst in Heidelberg – räumlich gesehen – ein vom Hauptstraßenpublikum unbeachtetes Hinterhofdasein fristet.

Holten: Heidelberg ist es leider bis heute nicht gelungen, in der überregionalen Wahrnehmung seine kulturellen Stärken jenseits der Romantik auszuspielen. Dieses Problem besteht sowohl bei der Vermarktung der Stadt wie bei der Art und Weise, wie kulturelle Einrichtungen wie der Kunstverein, das Museum und das Theater darin unterstützt werden, das Publikum der Hauptstraße auf ihre Häuser aufmerksam zu machen. Es wäre sehr hilfreich, wenn die kulturellen Einrichtungen der Stadt sich stärker im Stadtbild hervorheben dürften.

Welchen inhaltlichen Stellenwert hat zeitgenössische Kunst in Heidelberg?

Holten: Da es im Vergleich zu vielen anderen Städten in der Region Heidelberg keine Akademie gibt, die junge Künstler ausbildet, hat Heidelberg im Bereich der zeitgenössischen Kunst leider ein Nachwuchsproblem. Der Kunstverein stemmt sich mit einem gewissen Erfolg gegen diesen Trend, aber noch schöner wäre es, wenn auch andere junge Initiativen sich um die Positionierung der zeitgenössischen Kunst in der Stadt kümmern würden.

Welches Ausstellungsprojekt wollen Sie in den nächsten Jahren unbedingt realisieren?

Holten: Aufbauend auf die große Rekonstruktion des Fluxusfestivals „intermedia ‚69“, die noch bis zum 23. August in diesem Jahr zu sehen ist, möchte der Kunstverein demnächst selbst ein Kunstfestival im öffentlichen Raum anzetteln. Bei diesem soll es genau wie 1969 nicht darum gehen, schöne, hübsche und im Ansatz langweilige Kunst auf den Straßen und Plätzen aufzustellen. Eher soll Kunst, die provoziert, irritiert oder auch begeistert, den öffentlichen Raum der Stadt am Neckar einnehmen. Wenn alles gut geht, soll dieses Festival schon 2010 über die Bühne gehen.

Sein Jubiläum feiert der Kunstverein am Donnerstag, 18. Juni, ab 19 Uhr in der Hauptstraße 97. Festredner ist Ministerpräsident a.D. Lothar Späth. Auf 140 Jahre Kunstverein blickt Professor Peter Anselm Riedl zurück. Infos zum Kunstverein unter www.hdkv.de. (eu)