Stadt & Leute
„Die Bahnstadt ist eine enorme Chance“
STADTBLATT-Gespräch mit Prof. Dr. Raban von der Malsburg – „In Heidelberg fehlt meist der Mut zur Tat“
Der Erste Bürgermeister und Baudezernent Prof. Dr. Raban von der Malsburg tritt nach Ablauf der achtjährigen Amtszeit als Beigeordneter der Stadt Heidelberg zum Ende dieses Monats in den Ruhestand. Am Mittwoch, 30. Juli, findet die feierliche Verabschiedung und gleichzeitig die Amtseinführung seines Nachfolgers Bernd Stadel statt.
STADTBLATT: Herr von der Malsburg, Baubürgermeister werden gern an dem gemessen, was in ihrer Amtszeit entstanden ist. Worauf sind Sie besonders stolz?
Von der Malsburg: Die Bahnstadt ist ein voller Erfolg, ein guter städtebaulicher Entwurf, eine pragmatische Finanzkonstruktion und eine enorme Chance für den angespannten Wohnungsmarkt. Außerdem freue ich mich darüber, dass es gelungen ist, qualitätsvoller Gegenwartsarchitektur einen akzeptierten Platz in Heidelberg zu verschaffen.
STADTBLATT: Nach langen Jahren zäher Verhandlungen und Planungen hat es bis zu Ihrem Abschiedsjahr gedauert, die „Bahnstadt“ auf den Weg zu bringen. Wie sehen Sie den neuen Stadtteil? Was raten Sie den Entwicklern?
Von der Malsburg: Das Konzept ist sehr gut, es darf jetzt nicht verwässert werden. Die Fläche muss gut ausgenutzt werden, damit unser Ziel, preiswertes Wohnen vor allem für junge Familien zu schaffen, auch realisiert wird. Im Übrigen: Die Entwickler brauchen meinen Rat nicht, sie sind erfahren genug.
STADTBLATT: Welche Projekte hätten Sie gern noch zum Abschluss gebracht?
Von der Malsburg: Die Stadt an den Fluss. Es war für mich von Anfang an – also seit 1969!! – Antrieb, in der Heidelberger Kommunalpolitik aktiv zu sein. Diese riesige Chance, der Stadt wieder einen Zugang zum Fluss zu geben, hätte ich gerne auch noch weiter verfolgt.
STADTBLATT: Sie haben sich immer wieder für moderne Architektur in Heidelberg eingesetzt. Fehlt der Mut zum spannenden Kontrast?
Von der Malsburg: In Heidelberg fehlt meist der Mut zur Tat. In der Analyse der Probleme ist Heidelberg vorbildlich, aber nicht in der Umsetzung der Erkenntnisse. Das gilt auch für qualitätvolle, zeitgemäße Architektur. Ich habe sie teilweise mit roher Gewalt gegen alle Widerstände durchsetzen müssen – siehe „Art-Hotel“ –, hinterher waren die meisten ganz zufrieden.
STADTBLATT: Ihre gesamte Amtszeit hindurch zieht sich Heidelbergs Versuch, in die Unesco-Welterbeliste aufgenommen zu werden. Was führte zum Scheitern und würden Sie zu einem erneuten Anlauf raten?
Von der Malsburg: Ich rate von einem weiteren Versuch ab. Die Unesco hat Heidelberg den Rang bestritten. Da kann man geteilter Meinung sein. Sicher gehört Heidelberg nicht in eine Linie mit der Akropolis oder dem Kaiserpalast von Peking. Aber Heidelberg ist besser als viele andere Welterbestätten. Nur: Die Chancen für europäische Stätten werden immer schlechter. Und welchen Nutzen hätten wir denn von einer Aufnahme in die Liste? Von der Unesco kommt keine Hilfe, aber viel Kritik. Daran mangelt es uns aber nicht.
STADTBLATT: Wie sehen Sie als Kunsthistoriker die Bestrebungen, den Hortus Palatinus zu rekonstruieren?
Von der Malsburg: Ich bin dafür, einen Teil zu rekonstruieren, um dieses „Achte Weltwunder“ auch für Laien wieder erfahrbar zu machen. Es sollte aber auch der romantische Teil auf der Scheffelterrasse erhalten und verbessert werden.
STADTBLATT: Mit kaum 62 Jahren sind Sie noch recht jung für den Ruhestand. Wie sind Ihre Zukunftspläne?
Von der Malsburg: Es gibt viele spannende Dinge: Familie, Freunde, Wissenschaft, Kultur und Natur bieten ein unerhörtes Potenzial an Anregungen.
STADTBLATT: Was geben Sie Ihrem Nachfolger mit auf den Weg?
Von der Malsburg: Er kennt das Amt schon. Auch die Stadt und ihre Probleme wird er bald gut kennen. Mein Rat: Gelassenheit (hat mir oft gefehlt).