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Badewasser aus der Kläranlage

Abwasserzweckverband Heidelberg für Entwicklung der dezentralen Kläranlage Neurott ausgezeichnet

Das hört man selten: Ein Gewässer ist nach dem Einleitungskanal einer Kläranlage sauberer als davor. Doch den Leimbach im Weiler Neurott trifft das glückliche Los. Seitdem dort die über eine dezentrale Membrankläranlage gereinigten Abwässer der 30 Einwohner in den Bach fließen, hat sich dessen Wasserqualität verbessert.

Entwickelten die Membrankläranlage:  Dr. Werner Sternard, Dr. Harald Hiessel, Prof. Dr. Walter Troesch und Ingenieur Jürgen Weber vom AZV
Entwickelten die Membrankläranlage: Dr. Werner Sternard, Dr. Harald Hiessel, Prof. Dr. Walter Troesch und Ingenieur Jürgen Weber vom AZV bei der Überreichung des Preises (Foto: Fraunhofer-Gesellschaft)

Das bestätigt ein unabhängiges Gutachten, das Jürgen Weber, technischer Leiter des Abwasserzweckverbands (AZV) und stellvertretender Amtsleiter des städtischen Tiefbauamtes, vorliegt. Die in der Siedlung Neurott arbeitende Kläranlage reinigt mit modernster Membrantechnologie seit September 2005 das Abwasser.

Die Reinigungsleistung dieser kleinen, auf 100 Einwohner ausgelegten Kläranlage erfüllt spielend die strengen Einleitungsbedingungen für Großanlagen mit mehr als 100.000 Einwohnern. „Bei der Stickstoffentfernung bringt die Anlage sogar bis zu 15 Prozent bessere Ergebnisse als Großanlagen“, berichtet Jürgen Weber. Das Wasser, das diese Kläranlage verlässt, erfüllt die EU-Richtlinien für Badegewässer, es ist absolut keimfrei. Mutig trank die Umweltministerin des Landes, Tanja Gönner, bei der Einweihung im Dezember 2005 ein Gläschen davon.

Herzstück der Anlage sind die beiden Membrantrennstufen mit den Rotationsscheibenfiltern. Auf einer rotierenden Hohlwelle sitzen keramische Membranfilterscheiben, deren Poren nur Wasser, aber keine Feststoffe und Mikroorganismen durchlassen. Das gereinigte Wasser wird über die Hohlwelle abgeführt.

Die neue Anlage sei, so Jürgen Weber, auch in Katastrophengebieten einsetzbar, um nicht funktionierende Kläranlagen zu ersetzen und damit Seuchen zu vermeiden. Fünf weitere, größere Anlagen sind seit September 2005 in Betrieb oder werden gebaut, darunter eine in Namibia. Vor allem bei Siedlungen, die zu weit von einem Kanalsystem entfernt sind, lohnt sich der Einsatz.

Jetzt wurden im Rahmen des Forschungsvorhabens DEUS 21 (Dezentrale urbane Entsorgungssysteme des 21. Jahrhunderts) die Wissenschaftler und Experten ausgezeichnet, die diese hocheffiziente Membrankläranlage entwickelt haben. Es sind dies die Wissenschaftler der Fraunhofergesellschaft Prof. Dr. Walter Trösch, Dr. Werner Sternard und Dr. Harald Hiessel sowie Diplom-Ingenieur Jürgen Weber. Die Preisverleihung fand am 11. Oktober 2007 in Bonn statt.

Verliehen wurde der Preis für herausragende wissenschaftliche Leistungen in der Anwendungsforschung. Während die Wissenschaftler der Fraunhofer-Gesellschaft die theoretischen Grundlagen und Entwicklungsarbeit leisteten, haben die Techniker des Abwasserzweckverbandes die Entwicklungsstufen auf die Anwendungs- und Praxistauglichkeit überprüft.

Doch im Abwasserzweckverband hat man noch weitere pfiffige Lösungen rund um die Abwasserbehandlung parat. Im Klärwerk Süd wird seit dem Jahr 2000 Klärschlamm zu Methan und anschließend zu Strom „veredelt“, den die Heidelberger Stadtwerke in ihr Netz einspeisen. Jährlich 270 Tonnen CO2 werden dadurch weniger an die Umwelt abgegeben. In naher Zukunft will man beim AZV noch mehr für den Klimaschutz tun. Eine neue Behandlungsmethode des Klärschlamms beziehungsweise des Schlammwassers soll ab Herbst 2008 den beim Abbau des Stickstoffs entstehenden CO2-Ausstoß verringern, und das nicht zu knapp: Jürgen Weber rechnet mit 1.000 Tonnen CO2 weniger im Jahr. (neu)