Stadt & Leute

Bericht zur Sozialen Lage in Heidelberg

Heidelberg ist eine wohlhabende Stadt, aber auch hier gibt es Inseln der Armut – „Armut und Ausgrenzung rechtzeitig verhindern“

Heidelberg ist eine wohlhabende Stadt. Der Wirtschaftsstandort entwickelt sich seit Jahren dynamisch. Allgemein werden der Universitätsstadt ausgezeichnete Zukunftschancen zugesprochen. Dennoch gibt es auch in der Stadt am Neckar Menschen, die von Ausgrenzung und Armut bedroht sind.

Tabelle zur Armutsgefährdungsquote in Heidelberg (Quelle: Stadt Heidelberg)

Insgesamt waren 2005 rund 11.600 Einwohner/innen in Heidelberg arm oder armutsgefährdet, so das Ergebnis des Berichts zur Sozialen Lage in Heidelberg, der am 8. Oktober von Oberbürgermeister Dr. Eckart Würzner auf einer Pressekonferenz im Rathaus präsentiert wurde und noch den gemeinderätlichen Gremien vorgelegt wird. Im Auftrag des Gemeinderats hat die Stadtverwaltung unter Federführung des Amtes für Stadtentwicklung und Statistik eine umfassende quantitative Analyse der sozialen Lage in Heidelberg für das Jahr 2005 erstellt. Die wichtigsten Ergebnisse des Berichts:

Belastung durch Wohnkosten

Im Vergleich zu anderen Großstädten, dem Land und dem Bund bewegt sich Armut in Heidelberg auf niedrigem Niveau. Unter den neun Stadtkreisen Baden-Württembergs schneidet Heidelberg am besten ab. Das gilt jedoch nicht für das Thema Wohngeld. Heidelberg hatte 2005 nach Freiburg die meisten Wohngeldempfänger/innen aufzuweisen. Wohnkosten sind in Heidelberg eine enorme Belastung für einkommensschwache oder verschuldete Haushalte.

Armutsrisiko für Kinder

Ungefähr ein Viertel der rund 11.600 Armutsgefährdeten waren im Jahr 2005 Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren (2.640 Personen). Fast jedes siebte Kind in dieser Altersklasse zählt dazu. Hier entspricht die Armutsgefährdungsquote in etwa derjenigen des Landes, während sie bei allen anderen Altersklassen weit darunter liegt. Menschen über 65 hatten im Jahr 2005 das geringste Armutsrisiko in Heidelberg.

Ungleiche Bildungschancen

Das Bildungsniveau ist in Heidelberg sehr hoch. Heidelbergs Schüler/innen besuchen – gemessen am Landesschnitt – am häufigsten das Gymnasium. Die Bildungschancen sind jedoch wie insgesamt im Bundesgebiet ungleich verteilt. Deutsche Kinder erreichen wesentlich häufiger das Abitur als ausländische.

Ausländer und Alleinerziehende

Der Bericht zeigt – wie in anderen Städten auch – deutlich geringere Teilhabechancen von Ausländer/innen und Alleinerziehenden, die in der Mehrheit Frauen sind. Nahezu in jedem dritten Haushalt mit Kindern werden diese nur von einem Erwachsenen erzogen. Insgesamt lebten 2005 in Heidelberg rund 38.000 Menschen mit Migrationshintergrund, darunter 24.000 Ausländer.

Langzeitarbeitslose

Die Zahl der auf Grundsicherung angewiesenen Arbeitssuchenden hat sich in Heidelberg auf hohem Niveau verfestigt. Hauptgrund dafür ist, dass die hohen Qualifikations- und Flexibilitätsanforderungen des Heidelberger Arbeitsmarktes diesen Menschen den Zugang zum ersten Arbeitsmarkt erschweren.

Verteilung der Einkommen

Auch Einkommen sind in Heidelberg ungleich verteilt. Die 3,4 Prozent Steuerpflichtigen mit den höchsten Einkommen erzielten 2001 über ein Viertel aller Einkünfte. Das untere Viertel – mit Einkommen bis zu 10.000 Euro – konnte nur zu 2,4 Prozent der Gesamteinkünfte beitragen.

Die meisten Armutsgefährdeten

Armut und Benachteiligung kommen in allen Stadtteilen vor, doch im Ausmaß unterscheiden sich die Stadtteile stark. Die meisten Armutsgefährdeten lebten 2005 in vier südlichen Stadtteilen.

„Die Politik und die Verwaltung sind jetzt gefordert, Konsequenzen aus den Ergebnissen des Berichtes zu ziehen,“ so Oberbürgermeister Dr. Eckart Würzner. „Wir müssen gemeinsam überlegen, wie unsere bereits zahlreichen Maßnahmen und Angebote weiter verbessert werden können. Unser Ziel ist es, für alle Bürgerinnen und Bürger eine wirkliche Chancengleichheit beim Zugang zu Bildung, Wohnungs- und Arbeitsmarkt zu erreichen. Hier sind die Entwicklung der „Bahnstadt“ und die von mir gestartete Familienoffensive wichtige Schlüsselprojekte.“

„Wir müssen alles tun, um Armut und Ausgrenzung rechtzeitig zu verhindern“, so Dr. Joachim Gerner, Bürgermeister für Familie, Soziales und Kultur. „Wichtig für alle Betroffenen ist es, die Hilfsstrukturen und Netzwerke in den Stadtteilen zu erhalten und auszubauen, alle Heidelbergerinnen und Heidelberger für das Thema Armut zu sensibilisieren und bürgerschaftliches Engagement in dem Bereich zu fördern. Als einen ersten konkreten Schritt schlage ich vor, eine Gesamtstrategie kommunaler Familienpolitik zu entwickeln.“

Der gesamte Berichtsentwurf ist unter hier als PDF (3 MB) abrufbar oder beim Amt für Stadtentwicklung und Statistik, Telefon 06221 58-21510, zu beziehen.