Thema der Woche

„Auf Herausforderungen vorbereitet“

Die Neujahrsansprache von Oberbürgermeisterin Beate Weber in Auszügen

„Es klingt fast wie „Apocalypse now“, wenn man die Nachrichten liest. Klimawandel, Tsunamis, Hurrikans, Erdbeben, Vogelseuche, Hungersnöte, blutige und tödliche Attentate und Entführungen – das Bedrohungs- und Katastrophenpotenzial auf unserer Erde erscheint erdrückend.

Oberbürgermeisterin Beate Weber mit Gastredner Rolf Demmerle
Oberbürgermeisterin Beate Weber mit dem Gastredner Rolf Demmerle (Foto: Rothe)

(...) Wie kann der Mensch, wie können wir all diese Herausforderungen, die sich aus den Bedrohungen und Katastrophen ergeben, bewältigen? Wo soll man anfangen? (...)

„Wir können nicht alle Übel unserer Zeit auf einmal bekämpfen“, ist der dänische Statistiker Bjorn Lomborg überzeugt. „Unsere Ressourcen sind beschränkt, und wir können jeden Euro nur einmal ausgeben. Deshalb haben wir die moralische Verpflichtung, das Geld so zu investieren, dass es möglichst viel Gutes bewirkt.“

(...) Der britische Wirtschaftswissenschaftler Richard Layard beschreibt unsere Situation so: „Der Individualismus hat den Menschen bestenfalls das Ideal der Selbstverwirklichung zu bieten. Doch diese neue Religion hat versagt. (...) Wenn wir aber glücklich leben wollen, dann brauchen wir ein gemeinsames Ziel, ein gemeinsames Gut oder Gemeinwohl, zu dem wir alle unseren Beitrag leisten können.“

Das gilt vor allem in den Kommunen – hier muss und kann zwar nur im Kleinen – gegengesteuert werden, (...) zum Beispiel durch Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger an der Lösung wesentlicher Fragen, durch Stärkung des direkten Wohnumfelds der Menschen, (...) durch eine gute Kulturpolitik, die vielfältige Angebote macht, durch ständige Anstrengungen für sozialen Ausgleich. (...)

Demographischer Wandel

Der wichtigste Lebensraum eines Menschen ist neben der Familie, das direkte Wohnumfeld – also der Stadtteil, die Stadt, die Kommune. Dies ist der Grund, warum gerade Kommunen auf die Auswirkungen des demographischen Wandels vorbereitet sein müssen (...)

(...) In Heidelberg befassen sich bereits alle Verwaltungsbereiche mit den Folgen des demographischen Wandels. (...) Das Jahr 2006 wird inhaltlich ganz unter dem Motto „Demographischer Wandel – Herausforderung und Chance für die Zukunft Heidelbergs“ stehen. (...) Noch vor der Sommerpause beabsichtigen wir, den für Heidelberg so wichtigen Stadtentwicklungsplan unter dem Aspekt des demographischen Wandels fortzuschreiben. Damit dürfte unsere Stadt ganz gut auf die Herausforderungen der Zukunft vorbereitet sein.

Jugendgemeinderat

(...) Zum Jahreswechsel können wir einen wirklich großen Erfolg verbuchen: die Wahl des neuen Heidelberger Jugendgemeinderates. Dank hervorragender Vorbereitung aller Beteiligten inklusive des Vorläufers, des Jugendrates, war die Wahlbeteiligung überwältigend: an den Haupt-, Förder- und Realschulen sowie den Gymnasien gingen rund 76 Prozent an die Urne. In den Berufsschulen waren es Lehrplan-bedingt knapp 30 Prozent. (...)

(...) Als ich in meiner Neujahrsansprache des vergangenen Jahres das Projekt Bürgerstiftung Heidelberg erwähnte, stand die Stiftungsinitiative noch am Anfang ihrer Arbeit. (...) Als Oberbürgermeisterin der Stadt – aber auch ganz persönlich – unterstütze ich diese Initiative nach besten Kräften. (...)

Familienpolitik

(...) Familien unterliegen in besonderem Maß den gesellschaftlichen Veränderungen. Erhöhte Arbeitsplatzmobilität trennt beispielsweise Kinder, Eltern und Großeltern. Familien ziehen womöglich öfter um, es müssen neue soziale Kontakte und Vertrauensverhältnisse aufgebaut werden. Jede dritte Ehe wird geschieden, „Patchwork-Familien“ sind an der Tagesordnung. (...)

Eine hervorragende Idee ist aus meiner Sicht die Schaffung von Mehrgenerationenhäusern, in denen ganz unterschiedliche Menschen, die nicht in einem verwandtschaftlichen Verhältnis zueinander stehen, zusammen leben oder die Freizeit verbringen. Die neue Bundesregierung hat (...) die Förderung solcher Häuser, in denen Betreuung, Bildung und Lebenshilfe eine große Rolle spielen, angekündigt. (...) Wir wollen uns für ein solches Haus in der Bahnstadt bemühen.

Wirtschaft

Nach einer (....) Studie der Prognos AG vom Mai 2005 ist Heidelberg aufgrund seiner Wirtschaftskraft, technologischen Stärke, Innovationsdynamik und demographischen Entwicklung der „Top-Zukunftsstandort“ in Baden-Württemberg (noch vor Stuttgart). Im September 2005 haben laut einer Emnid-Umfrage 200 deutsche Spitzenwissenschaftlicher die Universität Heidelberg im Bereich der Biotechnologie zum Forschungsstandort Nummer 1 in der Bundesrepublik gewählt. Wir freuen uns mit!

Neues Stadion

Manchmal öffnen sich im Leben für wenige Augenblicke Türen, mit Chancen, die nie wieder kommen. Wenn man zu lange zögert, geht die Tür wieder zu und man hat etwas verpasst. So ging es uns vor wenigen Wochen als ich über die Planungen des Fußball-Stadions von Dietmar Hopp und die damit verbundene Schaffung des neuen Bundesligaclubs informiert wurde. (...) Nicht nur Heidelberg, sondern der ganzen Region werden hier Perspektiven geboten, die einmalig sind. (...)

Ich habe übrigens von Anfang an gesagt: „Wo Heidelberg draufsteht, soll auch Heidelberg drin sein!“ Wenn also ein neuer Club FC Kurpfalz Heidelberg heißen soll, warum soll sein Standort dann nicht in Heidelberg sein? (...) Derzeit wird in einer eigens dafür eingerichteten Arbeitsgruppe mit Hochdruck daran gearbeitet, die Planungsgrundlagen zu schaffen. Der Gemeinderat wird nach den Vorklärungen zu entscheiden haben. (...) Ich fände es jedenfalls erfreulich, wenn in naher Zukunft in Heidelberg Bundesliga-Fußball zu sehen sein könnte(...).

(...) Das politische Jahr 2006 wird neben der Landtagswahl im März vor allem durch die OB-Wahl im Herbst geprägt sein. Ich wünsche uns allen, dass es eine faire Auseinandersetzung wird und dass die Persönlichkeit gewinnt, die bereit ist, Heidelberg auf dem Weg in die Zukunft als Vorreiter und Vorbild weiter zu entwickeln. – Ich wünsche Ihnen alles Gute für 2006, vor allem Gesundheit!

Die ungekürzte Rede ist hier zu finden.