Thema der Woche

„Heidelbergs Zukunftsfähigkeit sichern“

STADTBLATT-Gespräch mit Oberbürgermeisterin Beate Weber zum Jahreswechsel

Schon traditionell ist das STADTBLATT-Gespräch mit Oberbürgermeisterin Beate Weber zum Jahreswechsel. Ein Rückblick auf das zu Ende gehende Jahr und Schwerpunkte in ihrem letzten Amtsjahr stehen im Mittelpunkt ihrer Ausführungen.

Beate Weber
Oberbürgermeisterin Beate Weber (Foto: Stadt Heidelberg)

STADTBLATT: Frau Weber, 2006 wird Ihr letztes Amtsjahr. Haben Sie bestimmte Aufgaben und Ziele, die Sie unbedingt noch umsetzen beziehungsweise erreichen wollen?

Beate Weber: Es gibt zwei große Themenbereiche, die über die nahe Zukunft hinaus Auswirkungen haben und die ich noch gerne in meiner Amtszeit abschließen möchte. Das ist zum einen die Fortschreibung des Stadtentwicklungsplans unter den Auswirkungen des Demografischen Wandels, das heißt, des Älterwerdens unserer Gesellschaft, und der Abschluss der Stadtteilrahmenpläne. Im Herbst 2006 wird der Gemeinderat voraussichtlich das Entwicklungskonzept und die Maßnahmenvorschläge des Stadtteilrahmenplans für die Altstadt verabschieden. Damit besitzt der letzte Stadtteil seinen Rahmenplan, der eine nachhaltige Entwicklung garantiert. Die Bedeutung der Stadtteilrahmenpläne liegt nicht nur in ihrem richtungweisenden Charakter, sondern auch darin, dass sie eine neue Kultur der Beteiligung in die Stadtteile gebracht haben. Denn ohne die aktive Mitarbeit der Menschen würden die Pläne die individuellen Seiten und Entwicklungsmöglichkeiten der Stadtteile nur unvollständig wiedergeben.

Noch mehr Gewicht hat natürlich die Fortschreibung des Stadtentwicklungsplans, unsere Lokale Agenda. Damit Heidelberg auf den Demografischen Wandels vorbereitet ist, habe ich interne Arbeitsgruppen eingerichtet, die Konsequenzen und Maßnahmen erarbeitet haben. Nur wenn wir heute schon die Weichen stellen für mehr Bildung und Qualifizierung, mehr Stärkung von Familien, bezahlbaren Wohnraum, bessere Integration von Migranten und Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements, meistern wir den Demografischen Wandel.

Auch hier ist es wichtig, die Menschen an der Gestaltung von Heidelbergs Zukunft zu beteiligen. Deswegen wird im Januar 2006 die Forschungsgruppe Wahlen eine ausführliche telefonische Umfrage durchführen, und es wird im ersten Halbjahr 2006 eine öffentliche Debatte über unser Handlungskonzept geben. Die Ergebnisse aus den Arbeitsgruppen und der öffentlichen Diskussion werden dann zusammengefasst, dem Gemeinderat zur Beschlussfassung vorgelegt und als Ergänzung in den Stadtentwicklungsplan einfließen. Dass wir den auch umsetzen wollen, zeigt die Übernahme von zentralen Zielen und Maßnahmen in die Finanzplanung und Budgetierung. An dieser handlungsorientierten Ausrichtung wird deutlich, dass es mir sehr wichtig ist, Heidelbergs Zukunftsfähigkeit zu sichern.

STADTBLATT: Kann eine Kommune allein diese teils starken Veränderungen bewältigen?

Weber: Damit wir in unserem Verantwortungsbereich die Zukunft meistern, brauchen wir starke Partner und feste Bündnisse. Ich setze sehr große Hoffnungen in die Metropolregion Rhein-Neckar, denn sie kann in Zukunft Aufgaben übernehmen, die die einzelnen Städte, Kommunen oder Kreise entlasten. Zudem erleichtert eine wirtschaftlich starke Region die Bewältigung der Aufgaben auf lokaler Ebene. Bekanntermaßen nimmt zum 1. Januar 2006 der Verband Region Rhein-Neckar seine Arbeit auf, und wenn unsere Region zusammenwächst und zusammenhält, profitieren wir davon. Was für die Region gut ist, ist nämlich auch für Heidelberg gut. Und umgekehrt.

STADTBLATT: Zählen Sie dazu auch das Stadion?

Weber: Dietmar Hopps Pläne haben Charme. Wenn wir eine moderne, stimmungsvolle Fußballarena bekämen, vielleicht eine Art Zwilling der SAP-Arena in Mannheim, wäre dies eine enorme Aufwertung für die Region – und natürlich auch für den Ort, an dem sie gebaut wird. Ich fände es toll für die Fußballfans in der Stadt, wenn in naher Zukunft auf Heidelberger Gemarkung Bundesliga-Fußball zu sehen sein könnte. Bis dahin sind aber noch einige Fragen zu beantworten und Planungen zu überprüfen. Das geschieht zügig und sorgfältig, aber nicht überstürzt.

Sportlich wäre das Stadion für Heidelberg sicher ein enormer Gewinn. Und auch unter wirtschaftlichen Aspekten ist es zu begrüßen: Wer zum Fußballspiel in eine der schönsten Städte Deutschlands reist, der will die Attraktionen Heidelbergs auch einmal in echt sehen, bringt dazu seine Partnerin oder seinen Partner mit und bleibt dann auch länger.

STADTBLATT: Noch nicht geklärt sind auch einige Verkehrsprobleme in Heidelberg. Das Neuenheimer Feld braucht dringend stauauflösende Maßnahmen.

Weber: Das sehen alle so, nur war man sich in der Vergangenheit über den Weg dorthin nicht einig. Mit dem Gutachten zur 5. Neckarquerung haben wir jetzt eine eindeutige Richtung vorgegeben bekommen, die die Diskussion im Gemeinderat und der Stadt um die beste Anbindung der Universitätsgebäude abgelöst hat. Wir müssen uns vorerst auf die so genannte Optimierungsvariante konzentrieren, denn mit ihr erreichen wir fast die gleichen Wirkungen wie ein Tunnel oder eine Brücke über den Neckar, die ein von der EU geschütztes FFH-Gebiet durchschneiden. Konkret bedeutet dies, wir müssen umgehend dafür sorgen, dass erstens die Zufahrt für den Individualverkehr ins Neuenheimer Feld durch Optimierung der Verkehrsknoten erleichtert wird, dass, wie im November vom Gemeinderat beschlossen, zweitens die Straßenbahn das Gebiet bedient, drittens Jobtickets für Universitätsmitarbeiter/innen und viertens Park-raumbewirtschaftung zum Umsteigen auf den ÖPNV animieren.

STADTBLATT: Frischen Wind in die Entscheidungsabläufe in der Stadt bringt der neu gewählte Jugendgemeinderat. Was erwarten Sie von den Jugendlichen?

Weber: Gute Ideen, Spaß an demokratischen Entscheidungsprozessen, Stehvermögen. Die drei Dinge sind nötig, wenn man seine Ziele in der Kommunalpolitik erreichen möchte. Ich freue mich auf die konstituierende Sitzung des Jugendgemeinderats und darauf, dass sich die Jugendlichen in Kommunalpolitik einmischen. Die Gemeinderäte und die Stadtverwaltung profitieren davon, wenn junge Menschen Themen ganz anders deuten oder bewerten. Immerhin haben die meisten Mitglieder des Rates schon das gesetzte Alter erreicht und wenn jetzt junge Menschen das Gremium im besten Sinne durcheinander wirbeln, kann das der Kommunalpolitik nur gut tun. Allerdings werden die Jugendlichen auch lernen, dass Entscheidungsprozesse manchmal länger dauern und dass man Kompromissbereitschaft mitbringen muss.

STADTBLATT: Auch über Heidelbergs kultureller Landschaft weht ein frischer Wind.

Weber: Es ist schon sehr erfreulich, was in Theater, Orchester und Kurpfälzischem Museum zurzeit passiert. Peter Spuhler, Cornelius Meister und Frieder Hepp haben in relativ kurzer Zeit mit neuen Ideen und viel Engagement dafür gesorgt, dass die Heidelbergerinnen und Heidelberger ihr Theater, ihr Orchester und ihr Museum neu entdecken. Das ist der eigentliche Erfolg, der mehr wiegt als die vielen guten Kritiken aus ganz Deutschland.

Ich selbst habe mit großer Begeisterung „Don Giovanni“ gesehen und habe mich über die ungewöhnliche „Berenice“ gefreut, der ich noch viel mehr Aufmerksamkeit wünsche. Die Aufführungen im Zwinger 3 waren spritzig, bewegt und interessant und Brittens „Saint Nicolas“ in der Friedenskirche in Handschuhsheim war ein Genuss. Die Konzerte beflügeln uns alle und ich freue mich schon auf das nächste Jahr und viele neue Kulturerlebnisse.

Das nächste Jahr wird für uns alle interessant, für mich wird sich das Leben gegen Ende des Jahres sehr verändern. Aber bis dahin gibt es noch viele wichtige und interessante Dinge zu tun – ich freue mich darauf.

Allen Heidelbergerinnen und Heidelbergern wünsche ich ein gutes Jahr 2006! (neu)