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GGH HEIDELBERG stadtblatt / 15. Mai 2019 8 Lust auf neue Ideen und neue Städte Architektur und Psychologie D ie Schönheit der Architektur ist elementar. Nur die Archi- tektur, die die Menschen gut an- nehmen und mit Leben füllen,trägt zu einem Wohlgefühl und einer le- benswerten Stadt bei. Deshalb haben die Mitglieder der Vereinigung baden-württembergi- scher kommunaler Wohnungsun- ternehmen mit renommierten Psy- chologen,Architekten, Landschafts- architekten und Projektentwicklern im April in Mannheim zur Archi- tekturpsychologie getagt. Den Vor- sitz der Vereinigung führt seit 2009 Peter Bresinski,Geschäftsführer der GGH. Für den Architekturpsychologen Dr. Harald Deinsberger-Deinsweger aus Graz sind die zentralen Fragen, wie Räume, Gebäude und Umfeld wir- ken und wie man die Qualität für die Menschen erhöht. Notwendig sind sowohl Privatsphäre als auch soziale Interaktionsbereiche. Er be- tonte: „Das Knowhow der Architek- turpsychologie trägt nicht dazu bei, Gebäude teurer zu machen, sondern sie besser zu machen.“ Mit der früh- zeitigen Einbindung in die Planung ließen sich viele Fehler vermeiden, die Abschottung, Vandalismus oder Einbruchstendenzen begünstigen. Öffentlicher Raum als Sozialraum Die erste Diskussionsrunde behan- delte die städtebaulichen Grundla- gen schöner Architektur und Quar- tiersgestaltung. „Der öffentliche Raum ist der Sozialraum unserer de- mokratischen Gesellschaft. Um ihn müssen wir uns kümmern“, so der Architekt Prof. Christoph Mäckler, Gründer des Deutschen Instituts für Stadtbaukunst. Heute fehle oft der private Raum in der Stadt, wie ihn die frühere Bebauung mit Wohnhöfen biete. „Wir werden künftig nicht mehr am Bauen, sondern am Kultivieren ge- messen“, sagte Andreas Kipar, Land- schaftsarchitekt aus Mailand. „Wir wollen nicht mehr nur wohnen,wir wollen leben.“ Ob in der Wohnung, auf dem Balkon, im Garten oder in den Städten – Natur sei ein entschei- dendes Bedürfnis: „Landschaft ist das,was uns zusammenfügt.“ Zeit nehmen für die Stadt Der Natur als Grundbedürfnis stimm- te Dr. Harald Deinsberger-Deinswe- ger voll zu. Aus seiner Sicht muss das gesamte Umfeld auf die mensch- lichen Bedürfnisse abgestimmt sein. Andreas Kipar forderte: „Nehmen wir uns Zeit für uns, unsere Stadt und unsere Gesellschaft.“ Es brau- che Mut und neue Perspektiven. Zwischen der Kultur und der Natur müssten Brücken geschlagen wer- den. Prof. Christoph Mäckler betonte die Bedeutung der sozialen und funktio- nalen Mischung mit Wohnen und Arbeiten auf einem Grundstück. Weiterhin sei die Dichte ein wichti- ges Thema. Nur mit genügend Be- wohnern funktionierten Geschäfte und Cafés, und eine höhere Dichte spare Kosten. Grundlage eines hu- manen Städtebaus ist der öffentliche Raum: „Der Platzraum ist für die Stadtgesellschaft, was der Wohn- raum für die Familie ist.“ Wohnraum zum Verwurzeln Die zweite Diskussionsrunde be- schäftigte sich mit der Umsetzung schöner Architektur und Quartiers- gestaltung, insbesondere im sozia- len Wohnungsbau. Laut Rainer Hof- mann, Architekt aus München, brauchen Menschen einen Ort der sozialen Mischung und die Sicher- heit, dass sie dort längerfristig blei- ben können. „Es geht darum,Wohn- raum zu bieten, in dem sich die Menschen verwurzeln können.“ Nur dann engagierten sie sich dort auch. „Man sollte nicht erkennen, wo wer wohnt. Wir wollen eine soziale und kulturelle Mischung und Außenräu- me als Orte der Begegnung und des Austauschs“, so Achim Judt, Ge- schäftsführer der MWS Projektent- wicklungsgesellschaft, die die Mann- heimer Konversionsflächen entwi- ckelt. Dr. Magdalena Szablewska, Techni- sche Geschäftsführerin der Freibur- ger Stadtbau GmbH, stimmte zu: „Wir bieten die Qualitäten jedem, der in unseren Quartieren wohnt, ob in einer Sozial- oder Eigentumswoh- nung.“ Sie ergänzte, dass der soziale Wohnungsbau heutzutage breite Be- völkerungsschichten erreicht, aber trotzdem noch stigmatisiert wird. Katalysator für eine neue Gemein- schaft Achim Judt setzt auf Kooperation: „Stadtentwicklung ist eine gesell- schaftliche Aufgabe. Jeder fragt sich, wie er leben will, aber nicht,wie wir leben wollen.“ Man müsse gleich- zeitig verdichten und Freiräume schaffen, die die Menschen anneh- men. Soziale und kulturelle Infrastruktur ist für Dr.Magdalena Szablewska der Katalysator für eine neue Gemein- schaft bei der Entwicklung von Bau- gebieten.Es geht darum,Identität zu schaffen. Die Moderatorin und Ar- chitekturkritikerin Laura Weißmül- ler fasste zusammen: „Zwei Werk- zeuge sind wichtig – Mut auf vielen Seiten wie der Politik, von Woh- nungsbaugesellschaften und von Architekten – und Lust auf neue Ideen.Architektur kann zeigen, dass wir Lust auf neue Städte haben.“ Impressum Gesellschaft für Grund- und Hausbesitz mbH Heidelberg Bergheimer Str. 109 69115 Heidelberg 06221 5305-0 info@ggh-heidelberg.de www.ggh-heidelberg.de Geschäftsführer: P. Bresinski Redaktion: I. Siebert Dr. Harald Deinsberger-Deinsweger (Vorsitzender des IWAP Instituts für Wohn- & Architekturpsychologie), Rainer Hofmann (Inha- ber von bogevischs buero architekten & stadtplaner gmbh), Andreas Kipar (Gründer von Landscape Architecture Nature Develop- ment), Laura Weißmüller (Redakteurin der Süddeutschen Zeitung), Dr. Magdalena Szablewska (Technische Geschäftsführerin der Freiburger Stadtbau GmbH), Prof. Christoph Mäckler (Gründer des Deutschen Instituts für Stadtbaukunst), Peter Bresinski (Vorsit- zender der Vereinigung baden-württembergischer kommunaler Wohnungsunternehmen), Achim Judt (Geschäftsführer der MWS Projektentwicklungsgesellschaft) und Karl-Heinz Frings (Geschäftsführer der GBG - Mannheimer Wohnungsbaugesellschaft mbH)

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