Thema der Woche
Rechtsgutachten: Bedenken gegen Zulässigkeit des Bürgerbegehrens
Gemeinderat entscheidet am 20. Mai über Zulässigkeit des Bürgerbegehrens gegen die Stadthallen-Erweiterung – Möglicher Bürgerentscheid am 25. Juli 2010
Die Stadtverwaltung hat die Prüfung des Bürgerbegehrens gegen die Erweiterung der Stadthalle abgeschlossen. Ein beauftragter Gutachter führt gewichtige juristische Bedenken gegen die Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens an, da verschiedene Aussagen der Bürgerinitiativen fehlerhaft seien. Nun muss der Gemeinderat am 20. Mai entscheiden.
In den vergangenen Wochen erfolgte die juristische Prüfung des Bürgerbegehrens, auch unter Hinzuziehung der Anwaltskanzlei Quaas & Partner aus Stuttgart.
Konkret sind verschiedene Aussagen der Bürgerinitiative nicht zutreffend:
- Eine Abstimmung des Bürgerbegehrens mit dem Rechtsamt und dem Wahlamt der Stadt Heidelberg hat nicht stattgefunden. Die Vertreter der Bürgerinitiative sind beim Rechtsamt der Stadt Heidelberg vorstellig geworden und haben den Bürgerentscheid vorgestellt. Eine Abstimmung erfolgte jedoch nicht.
- Die Angabe, dass 50 Bäume abgeholzt werden, trifft nicht zu. Auf dem Montpellierplatz stehen nur 15 Bäume, für die Gesamtmaßnahme werden nach derzeitiger Planung insgesamt nur maximal 37 Bäume wegfallen. Die betroffene Grünanlage hat eine Größe nicht von 1.600 Quadratmetern sondern von 807 Quadratmetern. Für die Planung liegt ein klimatisches Gutachten vor, wonach die Durchlüftung der angrenzenden Straßen gewährleistet bleibt. Auch die Finanzierung ist sichergestellt.
- Stadthalle, Zwischenbau und Neubau werden keine Länge von 200 Metern, sondern nur von 174 Metern haben (Stadthalle 80 Meter, Zwischenpodest ca. 24 Meter, Erweiterungsbau 70 Meter). Die Behauptung, die Proportionen entsprechen denen des Seminarienhauses im Hofe des Marstalls, ist nicht richtig. Das Seminarienhaus verfügt über eine Höhe von circa 17 Metern und ist damit deutlich höher als der geplante Erweiterungsbau mit einer Traufe von 12 Metern und einer Oberkante von etwas unter 15 Metern. Unrichtig ist auch die Behauptung, das ganze Ensemble stehe unter Denkmalschutz. Nur die Stadthalle steht unter Denkmalschutz, nicht der Montpellier- und der Jubiläumsplatz.
- Es ist auch nicht richtig, dass das Stadtbild an dieser Stelle über Jahrhunderte gewachsen sei. Die Stadthalle wurde im Jahr 1903 erbaut, der zu überbauende Montpellierplatz wurde im Jahr 1979/1980 in der heute bestehenden Form errichtet und das abzureißende Haus erst 1980/81.
- Die Behauptung, der Neubau schade dem Tourismus, ist unzutreffend. Ein neues Konferenzzentrum würde den Tourismus im Gegenteil fördern. Aktuell macht der Geschäftstourismus nach Angaben der Stadt Heidelberg circa 70 Prozent aller Übernachtungen in Heidelberg aus. Zudem ist die Belegung der Stadthalle durch Kongresse und Tagungen seit 2001 stark rückläufig. Es ist davon auszugehen, dass ein modernes Konferenzzentrum die Kongresstourismuszahlen wieder ansteigen lassen würde, das heißt: der Tourismus würde gefördert.
- Die Behauptung, dass in der Altstadt weitere Tagungsräume vorhanden sind, ist ebenfalls nicht richtig. Im Zuge des Theaterneubaus wird nur ein neuer Theatersaal errichtet, der für Tagungen weder vorgesehen noch geeignet ist (feste Bestuhlung in aufsteigender Höhe, keine Raumflexibilität). Für den alten Theatersaal gibt es eine Nutzungsbeschränkung, die Tagungen ausschließt. Die weiteren neu errichteten Räumlichkeiten werden reine Funktionsräume sein, wie Umkleideräume, Stimmzimmer, Proberäume, Küche etc.
In seiner Sitzung am 20. Mai 2010 wird der Gemeinderat nun über die Zulässigkeit eines Bürgerentscheids entscheiden. Im Falle einer Zustimmung soll der Abstimmungstermin auf den 25. Juli 2010 angesetzt werden, so dass der Bürgerentscheid noch vor den Sommerferien durchgeführt werden kann.
Gutachter: Zweifel an Zulässigkeit des Bürgerbegehrens
Erhebliche Zweifel an der Gültigkeit in der notwendigen Begründung des Bürgerbegehrens äußert der Gutachter. Zusammengefasst kommt das Gutachten zu folgendem Ergebnis:
- „Zweifel an der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens bestehen deshalb, weil sowohl in dessen Begründung, als auch im Umfeld eine Vielzahl fehlerhafter Tatsachenbehauptungen dazu geführt haben könnten, dass Bürger ihre Unterschrift geleistet haben.
- Bedenken gegen die Zulässigkeit hinsichtlich der Einhaltung der Sechswochenfrist und des fehlenden Kostendeckungsvorschlages kommen hinzu.
- Zusammenfassend ist es aus unserer Sicht vertretbar, das Bürgerbegehren aus diesen Gründen für unzulässig zu erklären.“
Oberbürgermeister für Bürgerentscheid
Trotz der erheblichen Bedenken, die das Rechtsgutachten formuliert, spricht sich Oberbürgermeister Dr. Eckart Würzner für einen Bürgerentscheid aus: „Wenn 18.000 Heidelbergerinnen und Heidelberger einen Bürgerentscheid in Sachen Stadthallen-Erweiterung wünschen, kann es für mich als von diesen Bürgerinnen und Bürgern gewähltes Stadtoberhaupt nur eine Antwort geben: Die Bürgerschaft soll die Möglichkeit zur direkten demokratischen Mitbestimmung bekommen. Auch wenn das Bürgerbegehren klare Mängel aufweist, möchte ich nicht in eine juristische Auseinandersetzung gehen, sondern in den Dialog. Deshalb bin ich für Klarheit und für die Durchführung eines Bürgerentscheids.“