Stimmen aus dem Gemeinderat
SPD
Margrit Nissen
Zu meinem Rücktritt
Ich melde mich heute an dieser Stelle zum letzten Mal. Für mich hat der Entscheidungsprozess, der dem Beschluss für einen Theaterneubau vorausging, den Anstoß gegeben, meine Mitarbeit im Gemeinderat (GR) zu überdenken. Ich hatte und habe den Eindruck, dass manche Dinge allmählich aus dem Ruder laufen. Bei meiner Mitarbeit im GR bin ich immer von bestimmten persönlichen Grundvorstellungen ausgegangen, von denen ich nicht abrücken möchte, die ich aber zunehmend in Frage gestellt sehe. Lassen Sie mich drei davon nennen.
1. Wie wir von einem behandelnden Arzt erwarten, sehr sorgfältig die Wirkungen und Wechselwirkungen von Medikamenten zu bedenken, so haben wir die Pflicht, uns v o r wichtigen Entscheidungen in gründlicher Diskussion eine möglichst genaue Vorstellung von Risiken und Nebenwirkungen zu machen. Nur wenn die Probleme von der Verwaltung sorgfältig und objektiv analysiert werden, und im Gemeinderat Vor- und Nachteile verantwortungsbewusst abgewogen werden, lassen sich befriedigende Lösungen finden, die dem Ganzen zugute kommen. Es kann nicht sein, dass die Aufforderung: „Entscheidet! Egal wie, nur entscheidet!“ uns verleitet, nicht mehr mit der notwendigen Sorgfalt vorzugehen.
2. Wenn wir so weitreichende Entscheidungen treffen, wie sie jetzt anstehen, müssen wir uns um eine Verteilungsgerechtigkeit bemühen, die von den Bürgern nachvollzogen werden kann. Das Theater muss saniert werden, ohne Zweifel, aber eine Reihe von Schulen hat es ebenso bitter nötig. Oder: die Bahnstadt soll ein Stadtteil mit hoher Lebensqualität werden, die Altstadt soll es bleiben, usw. Wir verfügen leider nicht über genügend Geld. Schon deshalb hätten wir längst dringend Prioritäten setzen müssen. Alle Projekte gleichzeitig auf die Schiene zu setzen, weckt falsche Erwartungen und kann das Vertrauen in politische Entscheidungen nur weiter schwächen.
3. Es gibt vielfältige Versuche, die Rechte des GR zu beschränken unter dem Hinweis, ihn schlagkräftiger zu machen. Schlagkräftiger für wen? Wichtige Vorentscheidungen werden zunehmend allein im HAFA getroffen oder Hierarchien innerhalb der Fraktionen werden genutzt, um möglichst verbindliche Vorabsprachen zu treffen, oder bestimmte Vorentscheidungen entstehen offenbar in noch ganz anderen Kreisen. Es bilden sich so etwas wie „innere Zirkel“ heraus, wer nicht daran beteiligt ist, sieht sich auf die Rolle des Kopfnickers verwiesen.
Unter den genannten Bedingungen möchte ich mein Amt nicht mehr ausüben. Ich hoffe, dass meine Wähler dafür Verständnis haben.
Bürger/innensprechstunde der SPD-Gemeinderatsfraktion am Donnerstag, 18.10., 18 bis 19 Uhr, Geschäftsstelle, Bergheimer Straße 88, oder per Telefon: 06221 166767.
Einladung zur Veranstaltung „Bezahlbar Wohnen in Heidelberg“ am 24.10.07, um 19.30 Uhr im DAI, Sofienstr. 12. Mit unter anderem Claus Schmiedel, wohnungsbaupolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion und Thomas Krczal, SPD-Stadtrat.