Ausgabe Nr. 39 · 27. September 2000 |
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Der neue und der ehemalige Erste Bürgermeister (v.r.): Prof. von der Malsburg und Prof. Schultis im Gespräch mit Oberbürgermeisterin Beate Weber; dahinter Bürgermeister Schaller. (Foto: Kresin) |
Viele wichtige Vorhaben erledigt |
Verabschiedung und Amtseinführung des bisherigen und des neuen Ersten Bürgermeisters Der eigentliche Wechsel lag schon fast acht Wochen zurück: Am 1. August trat Prof. Dr. Raban von der Malsburg in der Nachfolge von Prof. Dr. Joachim Schultis das Amt des Ersten Bürgermeisters an. Jetzt folgte die offizielle Wachablösung: Am Freitag, 22. September, verabschiedete Oberbürgermeisterin Beate Weber ihren bisherigen Stellvertreter und führte den neuen in das Amt ein. Als Gäste der Feierstunde im vollbesetzten Spiegelsaal begrüßte die Oberbürgermeisterin neben Frau Schultis und Frau von der Malsburg auch Abgeordnete des Bundes- und des Landtags, Vertreter der Landesregierung, Mitglieder des Gemeinderats, Bürgermeister aus den Nachbargemeinden, Repräsentanten anderer Behörden und der Wirtschaft sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadt. Zur Feier eine spielte ein Streichquartett, in dem auch zwei Schultis-Söhne mitwirkten. In einem Rückblick auf "acht gemeinsame Jahre" würdigte Beate Weber die Offenheit, Bürgernähe von Schultis und dessen glückliche Hand im Umgang mit Menschen. Der Anfang seiner Amtszeit in Heidelberg sei nicht einfach gewesen, sagte sie. Zuvor selbst Oberbürgermeister in Nagold, habe er sich plötzlich als "Erster Bürgermeister unter einer Oberbürgermeisterin" zurechtfinden müssen. Bei dem "Sprung von der kleinen in die mittelgroße Stadt" habe Schultis - ausgebildeter Vermessungstechniker und Geograph - die Orientierung aber nicht verloren. Lang war die von der Rathauschefin vorgetragene Liste der in der Amtszeit von Schultis bewältigten Aufgaben und Projekte: Zum Beispiel Verkehrsentwicklungs- und Stadtentwicklungsplan, Stadtteilrahmenpläne, ungezählte Bebauungspläne, Wohnungsentwicklungsplan und Wohnungsbau. Seit 1982 wurden in Heidelberg rund 5.500 Wohnungen hergestellt und mehr als 2.000 Wohnungen saniert, sagte Beate Weber. Schultis habe viele unterschiedliche Foren zur Bürgerbeteiligung durchgeführt, die Verwaltungsreform und die Strukturveränderungen der letzten acht bis zehn Jahre mitgetragen. Auf Grund seiner guten Verbindungen zum Land und zu anderen Städten hätten sich "viele Türen leichter geöffnet". Den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen der Stadt Heidelbergwerde Joachim Schultis durch seine Wärme und Offenherzigkeit in guter Erinnerung bleiben. Raban von der Malsburg dürfe nun endlich tun, was er sich in 20-jähriger Zugehörigkeit zum Gemeinderat schon immer zu tun gewünscht habe. Auch auf ihn warteten wichtige Aufgaben. Die Oberbürgermeisterin nannte unter anderem die Gestaltung des Bahnhofumfeldes sowie den Großen und Kleinen Ochsenkopf. Sie freue sich auf eine gute Zusammenarbeit und hoffe, dass von der Malsburg nie bereue, dieses Amt übernommen zu haben. Professor Schultis dankte zum Abschied dem Gemeinderat für das Vertrauen und der Oberbürgermeisterin für die gute Zusammenarbeit, die ihm immer genug Spielraum gelassen habe. Bei den Bürgermeisterkollegen und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bedankte er sich für das loyale Zusammenwirken. Seinem Nachfolger wünschte Schultis Erfolg, und dass er sich der Verantwortung des Amtes immer bewusst sei. Erster Bürgermeister von der Malsburg zitierte Goethe und dessen Lob auf Heidelberg und seine Landschaft. Er nannte es eine große Aufgabe, eine der schönsten Städte Europas und der Welt zu erhalten und sei dankbar, diese Aufgabe wahrnehmen zu dürfen. Er wolle das Alte bewahren und es möglich machen, dass mit Selbstbewusstsein auch Neues gebaut werden kann. Wichtig sei, immer wieder Kompromisse zu finden. (br.) |
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Traditionelle Bekleidung aus Japan, vorgeführt bei der feierlichen Eröffnung der Kumamoto-Woche. Rechts der japanische Generalkonsul Takeshi Nakane. (Foto: Kresin) |
Zen-Garten und Kimonos |
Vielfältige Begegnungen mit Japan - Auftakt der Kumamoto-Woche im Rathausfoyer Das Land der aufgehenden Sonne ist in dieser Woche zu Gast am Neckar. Eröffnet wurde die "Woche der Begegnungen" mit Heidelbergs südjapanischer Partnerstadt Kumamoto am vergangenen Sonntag im Rathaus durch Oberbürgermeisterin Beate Weber, den japanischen Generalkonsul für Süddeutschland, Takeshi Nakane, und die Leiterin des Referats Internationale Beziehungen der Stadt Kumamoto, Sayoko Hara. Es ist der Auftakt einer schönen und eindrucksvollen Woche, um für den Weltfrieden, die Umwelt und das gegenseitige Kennenlernen etwas Besonderes zu tun", kündigte Beate Weber ein vielfältiges Veranstaltungsprogramm an, "das für alle unterschiedlichen Interessen etwas zu bieten hat". Das Programmspektrum reicht vom Streicherquartett im Augustinum bis zur Rockgruppe "Afterman" in der "Nachtschicht", vom wissenschaftlichen Symposium über das Nô-Theater bis zu Reiterfestspielen auf dem Neckarvorland. Generalkonsul Nakane, der fünf Semester lang in Heidelberg studiert hat, erwähnte den "starken Eindruck", den er bei einer Rundreise durch die Insel Kyushu von "Kumamoto und seiner außerordentlich schönen Umgebung" gewonnen habe. "Deshalb freue ich mich ganz besonders darüber, dass gerade "meine zweite Heimatstadt Heidelberg" und Kumamoto durch eine Städtepartnerschaft verbunden sind." Er wünsche sich für die Kumamoto-Woche viele persönliche Begegnungen. "An der Schwelle zum 21. Jahrhundert schauen wir einem Zeitalter des Miteinanders entgegen", unterstrich Sayoko Hara vom Referat für Internationale Beziehungen. 300 Bürgerinnen und Bürger Kumamotos mit Oberbürgermeister Yasuyuki Misumi an der Spitze besuchen in diesen Tagen Heidelberg. "Sie alle freuen sich bereits sehr auf die Begegnung mit Ihnen", so Hara, die ihre japanische Rede mit den deutschen Worten schloss: "Auf ein Wiedersehen in Kumamoto!" Gelegenheit dazu besteht bei der für das Jahr 2002 geplanten Bürgerreise. Im Rathausfoyer bieten in dieser Woche Infotafeln, Fotos, Objekte aus dem japanischen Alltagsleben und ein Dokumentarfilm des Heidelberger Fotografen und Filmemachers Manfred Liedtke Einblicke in das Leben in Kumamoto. Eine japanische Tee-Ecke lädt die Besucherinnen und Besucher zum Verweilen zwischen Bonsai-Bäumen ein. Und ein Mini-Zen-Garten kann nach eigenen Vorstellungen gestaltet werden. Die Ausstellung ist noch bis zum 1. Oktober von 8 bis 16 Uhr, Samstag und Sonntag von 10 bis 18 Uhr im Foyer des Rathauses zu sehen. Weitere Informationen zur Kumamoto-Woche finden Sie auf den Seiten "Titel" und "Kultur" sowie im Terminkalender dieser Ausgabe. (rie) |
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Prominente Gäste auf der Delegiertenkonferenz des Bundesausländerbeirates: Oberbürgermeisterin Beate Weber, der Vorsitzende des Zentralrates Deutscher Sinti und Roma, Romani Rose (l.) und der baden-württembergische Justizminister und Ausländerbeauftragte Prof. Dr. Ulrich Goll. Rechts der Vorsitzende des Heidelberger Ausländerrates, Memet Kiliç, der zum neuen Vorsitzenden des Bundesausländerbeirates gewählt wurde. (Foto: Kresin) |
"Die deutsche Gesellschaft neu definieren" |
Bundesausländerbeirat tagte in Heidelberg - Resolutionen gegen Ausgrenzung verabschiedet Der Bundesausländerbeirat, der Zusammenschluss der kommunalen Ausländerbeiräte und Ausländervertretungen, hielt seine diesjährige Delegiertenkonferenz in Heidelberg ab. Das Gremium befasste sich mit dem Themen Rechtsradikalismus und Rassismus sowie Zuwanderung und Integration und verabschiedete dazu zwei Resolutionen. Was die bundespolitische Wende den Ausländern in Deutschland bisher gebracht hat, sieht das Gremium recht kritisch. Angemahnt wird die konsequente Bekämpfung von Rechtsradikalismus und Rassismus sowie die Lösung der Zuwanderungs- und Integrationsprobleme. Der neu gewählte Vorsitzende, der Rechtsanwalt und Vorsitzende des Heidelberger Ausländerrates Memet Kiliç: "Ich kann verstehen, dass die Menschen über die Politik der rot-grünen Regierung verbittert sind." Die Enttäuschung resultiere beispielsweise daraus, dass für die Zuwanderungskommission der Regierung zunächst kein Repräsentant der Migranten vorgesehen gewesen sei; erst auf Intervention des Ausländerbeirates erfolgte eine Berufung. Kiliç: "Man stelle sich vor, eine Frauenkommission wird berufen und keine Frau ist vertreten. Man denkt immer noch, dass man über unsere Köpfe hinweg entscheiden kann." Vorstandsmitglied Mitra Sharifi-Neystanak unterstrich: "Migrantinnen und Migranten gehören an den Tisch, wenn über Migration entschieden wird." Integration bedeute Teilhabe und Gleichberechtigung. "Es ist die Ausgrenzung von Migranten, die den Nährboden für Ausländerfeindlichkeit bereitet." Deutschland ist Einwanderungsland So heißt es in der Resolution: "Die eigentlichen Ursachen für Rechtsradikalismus, Rassismus und Antisemitismus liegen nicht am Rand der Gesellschaft, sondern in deren Mitte." Deutschland müsse sich weiter in Richtung einer pluralistischen Gesellschaft bewegen. "In diesem Sinne rufen wir die verantwortliche Politik und alle gesellschaftlichen Kräfte auf, gemeinsam für eine demokratische Gesellschaft zu streiten, in der Menschenwürde, Meinungsfreiheit und ein akzeptierendes Miteinander unterschiedlicher Kulturen und Ethnien das Gemeinwesen prägen", schließt der Aufruf. Die Resolution "Die Herausforderung meistern, die Zukunft gestalten" beginnt mit dem Kernsatz: "Die Bundesrepublik Deutschland ist ein Einwanderungsland." Dies sei zwar unlängst von der Bundesregierung und Teilen des Bundestages anerkannt worden, doch fehle der entscheidende Folgeschritt, nämlich die rechtliche Anerkennung dieser gesellschaftlichen Realität. Vorstandsmitglied Manuel Parrondo nennt als Beispiel die Bedeutung der Zuwanderer für die Altersversorgung: "Ohne die Sozialversicherungsbeiträge der Migranten wäre die Rentenkasse platt." Wir sind eine Gesellschaft "Aufgrund der Tatsache, dass Deutschland allein aus demographischen Gründen in den nächsten Jahrzehnten auf Einwanderung angewiesen sein wird", so die Resolution weiter, "liegt es im wohlgemeinten Eigeninteresse Deutschlands, die Einwanderung und aus dieser Situation herauswachsende Integrationsmaßnahmen gesetzlich zu regeln. (...) Die friedliche Gestaltung der Zukunft unseres Landes bedarf der bewussten Annahme dieser Herausforderung." "Wir brauchen ein anderes Denkmuster", betonte der Vorsitzende Kiliç abschließend. "Was die deutsche Gesellschaft ist, muss erst neu definiert werden. Es ist unser Wunsch, dass man uns als Teil dieser Gesellschaft sieht - wir sind eine Gesellschaft." (rie) |
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Der Vielfalt eine Chance geben |
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Sind die Deutschen ausländerfeindlich? 49 Stellungnahmen zu einem aktuellen
Thema Viele Bereiche unserer Kultur und Wirtschaft könnten heute ohne Ausländer nicht überleben. Die alltägliche Begegnung mit ihnen ist ein wichtiger Teil unseres Lebens geworden. Dennoch sitzt die Angst oder zumindest die Beunruhigung allem Fremden gegenüber bei vielen erschreckend tief und äußert sich immer wieder in gewaltsamen Übergriffen, Verbalattacken oder diskriminierenden Äußerungen. Das in Heidelberg ansässige "European Institute for International Affairs" hat 49 bekannten Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens die Frage gestellt: "Wie ausländerfeindlich sind die Deutschen?" Zu Wort kommen Vertreter aus allen politischen Lagern und Gesellschaftsbereichen. Fragen nach den Ursachen fremdenfeindlicher Äußerungen und rassistischer Gewalt werden dabei ebenso aufgegriffen wie die Herausforderungen, die Zuwanderung und Integration für die Gesellschaft bedeuten, und die Gestaltungsmöglichkeiten für die Politik. Oberbürgermeisterin Beate Weber, die selbst mit einem Beitrag im Buch vertreten ist, und Mitherausgeber Dr. Ulrich Arnswald stellten die Neuerscheinung jetzt im Rathaus der örtlichen Presse vor. "Es ist ein Thema, das mich schon lange beschäftigt, deshalb habe ich gern an dem Buch mitgewirkt", sagte Beate Weber. "Wir sind eine Stadt, die viele Fremde nicht nur behaust, sondern ihnen auch Heimat gibt", dennoch gäbe es "immer wieder Situationen, wo man als Oberbürgermeisterin Angst hat, dass etwas passiert in einer Stadt", gab sie ihrer Besorgnis Ausdruck. Die alltägliche Ausländerfeindlichkeit beginnt schon beim Wortgebrauch. Zum Beispiel "Asylmissbrauch", ein Wort, das unterstelle, dass Missbrauch getrieben werde, so Arnswald, oder Wörter wie "Schwemme", "Welle", die den Eindruck der Machtlosigkeit des einzelnen suggerieren. Bemerkenswerterweise ist die Ausländerfeindlichkeit gerade dort am größten, wo die wenigsten Erfahrungen in der Begegnung mit fremden Menschen und Kulturen vorliegen, wie in den östlichen Bundesländern. "Politische Auseinandersetzung und Dialog sind die Grundlage der Demokratie, gerade Jugendliche müssen das lernen - nur so kann Verantwortungsbewusstsein entstehen", betonte Arnswald, der in deutschen Schulen "zu viel Anpassung" sieht, verglichen zum Beispiel mit den englischen "debating societies". Auch Beate Weber hält es für besonders wichtig, "Begegnungsmöglichkeiten zu schaffen, aktiv für Kenntnisse zu sorgen, Streitkultur zu entwickeln", denn: "Gesellschaft hat viele Facetten". Der Titel ihres Beitrags ist Programm : "Geben wir der Vielfalt eine Chance!". (rie) |
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"Sind die Deutschen ausländerfeindlich? 49 Stellungnahmen zu einem aktuellen Thema" Herausgegeben von Ulrich Arnswald, Heiner Geißler, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger und Wolfgang Thierse. 360 Seiten. Broschiert. DM 19,90, ISBN 3-85842-389-0. |
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