Kultur

Ausgabe Nr. 39 · 27. September 2000



Nô-Theater wird seit über 600 Jahren in Familienschulen gepflegt und möglichst getreu an die nächste Generation weitergegeben.

Schlüssel zu Japans Kultur

Traditionelles Tanztheater im Schwetzinger Schloss


Zu den kulturellen Höhepunkten der Kumamoto-Woche zählen die Aufführungen des Nô-Theaters aus Kumamoto im Rokoko-Theater des Schwetzinger Schlosses, die der Verkehrsverein Heidelberg in Zusammenarbeit mit dem Freundeskreis Kumamoto veranstaltet.

Alte japanische Mythen und Legenden werden lebendig, wenn die Darsteller des Nô-Theaters Kumamoto in prunkvoll leuchtenden Kostümen aus glänzendem Brokat und schwerer Seide mit fein gearbeiteten Masken auf einer nüchternen und völlig schmucklosen Bühne agieren. Eine der weltweit ältesten Theaterformen wird musikalisch begleitet von Trommeln, Flöten und Gesang. "Nô-Theater ist ein Schlüssel zur japanischen Kultur," schwärmt Oberbürgermeisterin Beate Weber, "Das Spiel der Langsamkeit ist für uns Europäer voller Überraschungen."

Feierliche Götterspiele, Geschichten von Kriegern, elegische Traumspiele, Psychodramen und Dämonenvertreibung bestimmen das monologische Tanztheater. Zwei der beliebtesten Nô-Theater-Stücke werden in Schwetzingen aufgeführt: "Das Federgewand", ist ein Märchen, dass von der Mondfee handelt, die ihr Gewand an einen Sterblichen verliert und diesen in die Geheimnisse der himmlischen Tänze einweihen muss. "Die Erdspinne" erzählt von "fremden Barbaren" am Rand der bekannten japanischen Provinzen und zeigt den Kampf eines Kriegers gegen die in Höhlen hausenden Monsterwesen.

Zwischen beiden Stücken wird ein "Kyôgen", ein farcenhaftes Intermezzo geboten, ein beliebtes Spiel, bei dem die Komik auf der festgelegten Typologie der Charaktere basiert: Hier zeigt sich der durchtriebene Diener seinem dümmlichem Herrn auf unterhaltsam humorvolle Weise immer überlegen.

Eine der berühmtesten Schulen des Nô-Theaters, das bis heute allein von Männern ausgeübt wird, befindet sich in Heidelbergs Partnerstadt. Mit Tanshû Kano, Akio Shiotsu und Ryôichi Kano werden bedeutende Vertreter dieser Zeremonialkunst dem Publikum traditionelles japanisches Tanz-Theater näher bringen.

Ihr Anspruch, so kann man dem Programmheft entnehmen, ist "das Unsichtbare sichtbar zu machen und das Unhörbare auf der Bühne erklingen zu lassen, den Puls des Seins in Gesang und Tanz umzusetzen." Zu erleben sind die Aufführungen des Nô-Theaters am Mittwoch, 27. und Donnerstag, 28. September, jeweils um 20 Uhr im Rokoko-Theater, Schloss Schwetzingen. Das Programmheft und eine Einführung vor Veranstaltungsbeginn werden das Verständnis dieser Jahrhunderte alten Theaterform erleichtern. Karten gibt es bei Zigarren Grimm am Bismarckplatz und per Ticket-Hotline unter Telefon 0180/500 04 94. (doh)

  Zum Seitenanfang

 

Japan im Film

Bis zum 30. September: Japan-Filmtage im Gloria-Kino


Japan, das Land der aufgehenden Sonne, bestimmt auch das Programm des Gloria-Filmtheaters. Bis zum 30. September werden Produktionen der "großen Alten" des japanischen Kinos sowie Werke der "jungen Wilden" gezeigt. Neben filmischen Raritäten, die schon lange nicht mehr zu sehen waren, ist mit "Village of dreams" von Higashi Yoichi auch ein Direktimport aus Kumamoto in deutscher Erstaufführung zu sehen. Von Krimi bis Komödie, Erotic-Thriller bis Psychodrama ist für alle Filmfans etwas dabei.

Mit dem japanisch-französischen Thriller "Tokyo eyes" aus dem Jahre 1998 kommt eine herausragende Produktion nach Heidelberg, für die Regisseur Jean-Pierre Limosin 1998 in Cannes die Auszeichnung "Un certain regard" erhielt. Der "besondere Blick" ist auch das Motiv seines Werkes. Fragen der menschlichen Wahrnehmung nachgehend, erzählt Limosin zugleich einen japanischen Krimi und eine Liebesgeschichte.

Als "Hymne an die Freuden des Essens und der Erotik" lobte die Münchner Abendzeitung die skurrile Alltagskomödie "Tampopo", (1987), von Rjuzo Itami. Die Geschichte eines kulinarisch versierten Truckers, der die unglückliche Inhaberin einer Imbissstube in die hohe Schule japanischer Kochkunst einweiht, kommt als eigenwillige Collage mit lustvollen Bilderspielereinen daher.

Für radikale Tabubrüche ist der japanische Film berühmt-berüchtigt. "Im Reich der Sinne", (1976), von Nagisa Oshima, über die sexuelle Besessenheit eines Paares, steht ebenso auf dem Programm wie "Onibaba - Die Töterinnen", (1965), von Kaneto Shindo und "Tokio Dekadenz", (1993), von Ryu Murakami. Das Lexikon des Internationalen Films beschreibt ihn als "filmische Odyssee durch ein Wunderland geheimer Triebe".

Filmische Meisterwerke wie "Der Aal", (1997), von Shohei Immamura, ausgezeichnet mit der Goldenen Palme von Cannes 1997 und "Hana-Bi", (1997), von Takeshi Kitano, ausgezeichnet mit dem Goldenen Löwen von Venedig 1997, runden das Programm der Japan-Filmwoche im Gloria-Kino, Hauptstraße 146, ab. (doh)

  Zum Seitenanfang
  Zur Inhaltsangabe STADTBLATT



Copyright © Stadt Heidelberg 1999, All Rights Reserved
Stand: 26. September 2000