Thema der Woche

Ausgabe Nr. 18 · 3. Mai 2000



Drei aktive Mitglieder des Jugendrats zogen nach einem Jahr Tätigkeit eine überwiegend positive Bilanz (v. l.): Burkhard Heling, Tino Keller und Jan Schoenmakers beim Interview. (Fotos: Neudert-Becker)









Tino Keller





Burkhard Heling





Jan Schoenmakers

"Ein Anfang ist gemacht"

Ein Jahr Jugendrat: drei Mitglieder ziehen eine persönliche Bilanz


Burkhard Heling, 20 Jahre, Tino Keller, 19 Jahre, und Jan Schoenmakers, 17 Jahre, sind drei aktive Mitglieder des Jugendrates. In einem Gespräch mit Eberhard Neudert-Becker bilanzieren sie die ersten 12 Monate in dem Gremium, das besonders die Interessen der Heidelberger zwischen 14 und 18 Jahren vertreten soll.

STADTBLATT: Seit einem Jahr gibt es den Heidelberger Jugendrat. Wie sieht Eure persönliche Bilanz aus?

Heling: Ein Anfang ist gemacht. Wir haben uns einigermaßen in einem Büro etablieren können. Die Richtung stimmt, trotz anfänglicher Probleme, und ich hoffe, es geht weiter so.

Keller: Mir persönlich hat die Arbeit im Jugendrat viel gebracht an ganz persönlicher Erfahrung. Vor allem die Einrichtung des Büros, an der ich beteiligt war, war doch eine Offenbarung, wenn man beispielsweise für ein neues Kabel oder ähnliches den ganzen Verwaltungsaufwand betreiben musste.
"Am Anfang hatten wir kein Konzept und keine Ahnung"
Schoenmakers: Durchwachsen. Erfreulich ist: Wir hatten von Anfang an eine klare Zielsetzung. Leider ist uns auf halber Strecke die Luft ausgegangen, weil die Hälfte des Jugendrates auf einmal nicht mehr erschienen ist. Das war ein Schock, doch jetzt haben wir uns darauf eingerichtet und sind wieder konzentriert am Arbeiten. Ich bin sehr optimistisch, wir haben gute Projekte und ich bin überzeugt, wir werden sie durchsetzen.

STADTBLATT: Wie klappt die Zusammenarbeit im Jugendrat? Wie ist die Akzeptanz bei den Jugendlichen allgemein?

Heling: Innerhalb des Rates ist die Zusammenarbeit relativ gut. Es hat sich eine Gruppe von Aktiven herauskristallisiert, die sich engagiert. Das ist schade, weil damit ein bisschen die Einheit verloren gegangen ist. Aber keine Sitzung des Rates war verschenkte Zeit.
"Keine Sitzung des Rates war verschenkte Zeit"
Keller: Die Zusammenarbeit hat sich demokratisch entwickelt. Am Anfang hatten wir kein Konzept und keine Ahnung. Dann haben wir uns eine Satzung gegeben, einen Vorsitzenden wegen der Sitzungsökonomie gewählt und seitdem gibt es einen geregelten Ablauf der Sitzungen.

Schoenmakers: Die Zusammenarbeit klappt inzwischen sehr gut. Wir hatten am Anfang einen traumhaften Start und danach Probleme, weil es viel Gruppenbildung und Mobbing gab, gerade gegen Leute aus den Haupt- und Realschulen. Das hat die Atmosphäre vergiftet. Wir haben uns dann zusammengesetzt und das Problem besprochen. Seitdem läuft es wieder gut. Der Akzeptanzgrad bei den Jugendlichen ist sehr hoch. Das Dumme ist nur, der Bekanntheitsgrad ist sehr niedrig. Das hat uns sehr erschreckt. Über Aktionen und Umfragen steigern wir zwar den Bekanntheitsgrad, er lässt aber doch noch zu wünschen übrig.

STADTBLATT: Wie beurteilt Ihr die Zusammenarbeit mit der Stadt?

Heling: Ich habe den Eindruck, dass sich Beate Weber um eine Zusammenarbeit bemüht. Doch kann die Zusammenarbeit zwischen Jugendrat und Stadt noch besser werden. Auch die Akzeptanz beim Gemeinderat ist nicht so toll, da habe ich das Gefühl, dass man uns noch nicht so ernst nimmt.

Keller: Ich habe sehr gemischte Erfahrungen. Im Jugendhilfeausschuss haben wir uns eingeschaltet und ich hatte das Gefühl, das wir gar nicht angehört wurden, nach dem Motto: die verstehen sowieso nichts. Das ist natürlich frustrierend. Das Gespräch mit Beate Weber und Herrn Hobbie von der HSB über die Einrichtung eines Nachtbusses war sehr gut, da hatte ich das Gefühl, wir werden ernst genommen. Auch die Zusammenarbeit mit dem Kinder- und Jugendamt ist sehr gut.
"Der Akzeptanzgrad bei den Jugendlichen ist sehr hoch.
Das Dumme ist nur, der Bekanntheitsgrad ist sehr niedrig."
Schoenmakers: Gemischt. Sehr erfreut waren wir über die Unterstützung der Stadt in der Anfangsphase. Es gab aber auch zwischenzeitlich immer mittelmäßige Phasen in der Zusammenarbeit auf beiden Seiten. Von uns war es eine dumme Entscheidung, unsere Privatadressen nicht an sämtliche Stellen der Stadt und die Gemeinderatsfraktionen weiter zu geben. Man kann keine Kommunikation erwarten, wenn man inkognito agiert. Andererseits hätten wir uns von der Stadt mehr öffentliche Unterstützung erwünscht. Dennoch würde ich sagen, grundsätzlich ist die Stimmung zwischen Stadt und Jugendrat gut.

STADTBLATT: Was lässt sich noch verbessern?

Schoenmakers: Das Klima im Jugendrat muss noch verbessert werden, damit sich Haupt- und Realschüler wieder integriert fühlen. Wir wollen daher in Zukunft mehr Arbeitskreise einrichten, damit man sich dort zu den Themen für die jeweilige Schulart und deren Umfeld erst einmal Gedanken macht, bevor die Diskussion im Plenum stattfindet. Außerdem möchten wir von der Stadt mehr Mitspracherechte, häufigere Berichte im Gemeinderat, das würde zu mehr Engagement im Jugendrat beitragen, wenn man sich beachtet fühlt. Man sollte auch über ein allgemeines Wahlrecht der Jugend nachdenken.

STADTBLATT: Welche Projekte liegen Euch besonders am Herzen?

Heling: Besonders wichtig sind uns eine Halle, in der Jugendliche ihre Feste feiern können und ein Nachtbus. Es sollte eine Möglichkeit nicht nur für Jugendliche geben, auch nach den Luna-Tours der HSB nach Hause zu kommen.
"Generell sollte der Jugendrat zu aktuellen Themen in der Stadt Stellung beziehen"
Keller: Bei der HSB haben wir eine sehr positive Resonanz gespürt bei dem Gespräch über den Nachtbus. Wir werden uns demnächst mit der HSB in Verbindung setzen und ein Konzept ausarbeiten, wie das aussehen könnte. Zudem sollte es möglich sein, dass auch Jugendliche, die nicht einem Verein angehören, die städtischen Sportstätten nutzen können. Auch da sind wir am Verhandeln.

Schoenmakers: Was intern noch ansteht: Viele aus dem Jugendrat haben an den Berufsschulen jetzt Prüfung und müssen dann in andere Regionen Deutschlands. Auch Abiturienten fallen aus, wegen Zivildienstes in anderen Gegenden. Daher müssen wir Nachrückwahlen voraussichtlich im Oktober oder November abhalten, wenn die neuen Schülersprecher im Amt sind. Wie das abläuft, ist noch offen.

Keller: Generell sollte der Jugendrat zu aktuellen Themen in der Stadt Stellung beziehen, beispielsweise zu der Diskussion über Überwachungskameras auf öffentlichen Plätzen. Da hat der Jugendrat eine Verpflichtung, was zu sagen. Und das steigert so ganz nebenbei seinen Bekanntheitsgrad.

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Der Heidelberger Jugendrat

Der Jugendrat wurde am 5. Mai 1999 auf einer Vollversammlung aller Schulsprecherinnen und -sprecher für zwei Jahre gewählt. 20 Vertreterinnen und Vertreter gehören ihm an, drei aus Haupt- und Förderschulen, drei aus Realschulen, sieben aus Gymnasien und sieben aus Berufsschulen. Die Mitglieder können auch aus Umlandgemeinden stammen, müssen aber in Heidelberg zur Schule gehen. Die jüngsten Teilnehmer sind 14, die ältesten 21. Der Jugendrat bestimmt die Themen selbst, mit denen er sich beschäftigt.

Aus seiner Mitte wählt der Jugendrat zwei Vertreter als beratende Mitglieder in den Jugendhilfeausschuss. Der Jugendrat berichtet dem Gemeinderat zweimal jährlich über seine Aktivitäten. Der Gemeinderat selbst informiert den Jugendrat über jugendpolitisch relevante Themen. Das Kinder- und Jugendamt berät und unterstützt die Jugendlichen.

Der Jugendrat verfügt über einen Etat von 10.000 Mark im Jahr. Über die Verwendung des Geldes entscheidet der Jugendrat selbst.

Zunächst wird der Jugendrat auf vier Jahre zur Probe eingerichtet. Grundlage der Einrichtung ist das Kinder- und Jugendhilfegesetz, das die zuständigen Stellen dazu auffordert "die zur Förderung ihrer (d. h. der Jugendlichen) Entwicklung erforderlichen Angebote der Jugendarbeit zur Verfügung zu stellen", um sie "zu gesellschaftlicher Mitverantwortung und sozialem Engagement anzuregen und hinzuführen".
   
 

Kontaktadresse

  c/o Kinder- und Jugendamt, Plöck 2a, 69117 Heidelberg.
Telefon: 0 62 21/61 88 82, Fax: 61 88 84.

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Stand: 2. Mai 2000