Kultur

Ausgabe Nr. 18 · 3. Mai 2000



Im Hof der Justizvollzugsanstalt Heidelberg arbeitete Eva Vargas gemeinsam mit Häftlingen an phantasievollen Rest-art-Skulpturen. (Foto: Rothe)

Einladung ins "Rest-art Paradies"

Häftlinge beteiligen sich an Rest-art-Projekten von Eva Vargas


Eva Vargas ist für die Gefangenen der Justizvollzugsanstalt am Oberen Faulen Pelz schon eine alte Bekannte. Zweimal jährlich besucht sie "ihre Freunde im Knast", bringt künstlerische Impulse hinein und trägt oftmals auch Anregungen hinaus. Unter ihrer Regie fertigten jetzt acht Häftlinge Phantasie-Skulpturen aus Schrott - nach dem Motto "Rest-art-Kunst für Mensch und Umwelt".

Zunächst musste jede Menge Arbeitsmaterial mit der "grünen Minna" in die Justizvollzugsanstalt (JVA) geschafft werden - vom Recyclinghof und aus dem umfangreichen Fundus von Eva Vargas. Wie bei all ihren Arbeiten waren es Recyclingmaterialien, denn "das ist menschen- und umweltfreundliche Kunst: der Mensch blüht auf und das Material wird noch einmal verwertet".

Erstmalig konnten jetzt Männer und Frauen gemeinsam im Hof der JVA kreativ werden. Monika Thien, die Leiterin der Vollzugsanstalt, hatte sich dafür eingesetzt. "Meine Aktionen finden immer gute Resonanz", erklärt die Künstlerin. Ihre literarischen und musikalischen Projekte, an denen bisher jeweils nur männliche oder weibliche Gefangenen teilnehmen konnten, haben sich bewährt. Das nötige Handwerkszeug hatte Eva Vargas mitgebracht: Hammer, Zange, Schere und meterweise Blumendraht: "Damit machen wir alles".

Die Häftlinge kamen gleich zur Sache und gaben das Motto aus: "Haste keinen - bau dir einen" oder eben "Haste keine - bau dir eine". In kurzer Zeit entstand nicht nur ein so kurioses Paar wie "Miss Knast" und "Der Hausmann", sondern auch ganz phantastische Gebilde wie ein Kopf als goldener Käfig, dem jede Menge Lichter aufgehen oder ein "Laubfrosch auf der Schaukel". Abschließend wurden die Objekte mit umweltfreundlichen Farben besprüht, von der JVA eigens dafür gestiftet. Ebenso wie die Ergebnisse früherer Rest-art-Aktionen in der JVA werden auch diese Arbeiten demnächst am Wieblinger Wehrsteg der Öffentlichkeit präsentiert.

Grenzmarkierungen
Gespannt sein darf man auch auf zahlreiche Projekte von Eva Vargas im Rahmen der Reihe "Das Bild der Stadt". Am Sonntag, 14. Mai, um 17 Uhr geht es los mit der Eröffnung der Ausstellung "Grenzmarkierungen". An der Grenze zwischen "Alt- und Jung-Heidelberg" will sie ihre neuesten Arbeiten der Öffentlichkeit vorstellen: Röntgenbilder, bearbeitet mit Acrylfarben und installiert vor Leuchtkästen, vermitteln den Betrachter/innen einen Eindruck vom "Menschen als Rest-art-Objekt". Im Rahmen der Ausstellungseröffnung am Trafohaus wird es auch eine Mitmach-Aktion unter dem Titel "Frau Kunst ist zum Anfassen da" geben.

Zu einer Lesung mit Musik lädt Eva Vargas am Sonntag, 21. Mai, um 20 Uhr, wenn sie aus ihrem Buch "Bekleidet mit einem Lächeln" liest. Am Sonntag, 4. Juni, um 16 Uhr bietet Horst Hupe vom Wasser und Schiffartsamt eine Führung durch die Windwerkgebäude am Wieblinger Wehrsteg anlässlich der Einweihung der dort ausgestellten Rest-art-Objekte. "Musik vom Ölfass" gibt es am Sonntag, 11. Juni, um 17 Uhr von der Jolymaker Steelband auf dem Gelände am Trafohaus.

Seit über 25 Jahren wohnt Eva Vargas inzwischen im Trafohaus und freut sich, dass ihr "Rest-art-Paradies" von Alt und Jung akzeptiert wird. Das war nicht immer so. Manchen Ärger hat sie auf unkonventionelle aber freundliche Art aus der Welt schaffen können. Heute werden ihr sogar Geschenke ans Gartentor gebracht, mal ein altes Fahrrad, eine Laterne, Schirme und vieles mehr.

"Treibholz"
Sie bezeichnet sich selbst als Menschen, der neuen Ideen immer aufgeschlossen gegenüber steht. So konnte die Gruppe "Treibholz" gleich in ihrer Nachbarschaft ein Domizil finden. Unter der Obhut von Jugend- und Heimerzieher Uli Hüeber von der Arbeitsgemeinschaft zur Förderung von Kindern und Jugendlichen, kurz AGFJ e.V., entsteht jetzt ein Phantasie-Wäldchen, in dem Kinder und Jugendliche mit Restholz arbeiten. Eine wunderbare Ergänzung in dem künstlerischen Grenzland sind neuerdings auch die imposanten Steinskulpturen aus Porphyr von Knut Hüneke. Der Steinmetz hat auch sie aus Abfallprodukten im Dossenheimer Steinbruch gefertigt. Entstanden ist ein ruhender Pol aus Stein, der zum Verweilen einlädt: "Hier ist das Paradies für alle da", meint dazu die Heidelberger Lebenskünstlerin. (doh)

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Stand: 2. Mai 2000