Stadt und Leute

Ausgabe Nr. 11 · 12. März 2003



Silvio Siermann beim Gespräch im Spiegelsaal des Prinz Carl. (Foto: Rothe)

...das Leben geliebt, so wie es war!

Silvio Siermann zu Gast bei Michael Buselmeier in der Reihe "Erlebte Geschichte - erzählt"


Die Kraft der Sprache in den Gedichten von Stefan George und die künstlerische Arbeit mit Ton standen im Mittelpunkt des Gesprächs von Silvio Siermann und Michael Buselmeier. In beinahe familiärem Rahmen mit Freunden und Bekannten aus Handschuhsheim gab der Lyriker und Keramiker Einblick in seinen Lebensweg, der 1926 in Klausenburg, Rumänien, begann.

Mit der Frage "Was ist eigentlich Schönheit?" eröffnete Michael Buselmeier den Dialog und erhielt die ebenso schlichte wie vieldeutige Antwort "Das muss man empfinden. Was eine schöne Form ist, kann man nicht beschreiben". Dabei war dem jungen Silvio Siermann der Weg zum Keramiker durchaus nicht vorgezeichnet. Er verbrachte seine Kindheit in Potsdam, übersiedelte mit der Mutter 1936 wieder nach Siebenbürgen und besuchte in Bukarest das deutschsprachige Gymnasium. Dort hatte er erste Kontakte mit Anhängern des Dichters Stefan George: "Diese Menschen haben mit Gedichten gelebt. Auch für mich waren Gedichte, war Sprache, sehr wichtig!"

Als deutscher Staatsbürger wurde er beim Einmarsch sowjetischer Truppen 1944 interniert, zunächst in Rumänien, später in Russland. Er wurde zur Zwangsarbeit in den Kohlegruben eingesetzt und erinnert sich: "Sie haben uns nicht unnötig schlecht behandelt, den Russen ging es ja auch nicht gut!" Bei Temperaturen von minus 30 Grad fror ihm der große Zeh ab. "Das hat mir geholfen, aus Russland früher rauszukommen". 1947 erreichte er in einem Viehwaggon Frankfurt an der Oder.

Über seine Mutter, die noch in Rumänien lebte, nahm er Kontakt zum Stefan-George-Freundeskreis auf und so kam es noch im selben Jahr zur "wichtigsten Begegnung meines Lebens". Siermann lernte den Heidelberger Maler Friedrich Kotzenberg kennen, wodurch er letztlich nach Heidelberg kam. Er beschloss, statt Abitur das Handwerk des Keramikers zu erlernen. "Das Erstaunliche ist, dass es mich nie mehr losgelassen hat." Er arbeitete in Düsseldorf, in Cuxhaven und im Saarland.

Ab 1955 besuchte er die Höhere Keramische Fachschule in Höhr-Grenzhausen, wo er auch die Meisterprüfung ablegte. Wichtigen Einfluss auf seine Arbeit hatte die Formenlehre des Bauhaus. 1956 bis 1958 folgte die Zusammenarbeit mit Richard Bampi im Südschwarzwald. 1958 machte Siermann sich selbstständig und bezog sein erstes Atelier in einer alten Schmiede in Handschuhsheim. Entscheidend für die Wahl des Ortes war die Anwesenheit des Freundes Friedrich Kotzenberg, genannt Martinotto.

Als ihm 1974 das Atelier gekündigt wurde, pachtete er eine alte Scheune (ohne Strom und fließend Wasser) in der Mühltalstraße und baute sie mit seiner Frau, einer Flötistin, aus. "Wir haben dort von Anfang an gelebt und das Leben geliebt, so wie es war!" Zweimal pro Jahr gibt es eine Ausstellung in dem Haus, verbunden mit einer Gedichtlesung von Siermann. Ab 16. April kann man dort wieder vier Tage lang das Lebenswerk von Silvio Siermann anschauen. (doh)

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"Entscheidung respektieren"

Antwort auf eine "Stimme aus dem Gemeinderat"


Prof. Dr. Joachim B. Schultis, ehemaliger Erster Bürgermeister der Stadt Heidelberg, ist durch eine Veröffentlichung im STADTBLATT persönlich angegriffen worden und erhält hiermit die Möglichkeit zu folgender Stellungnahme:

Unter der Rubrik "Stimmen aus dem Gemeinderat" schreibt Herr Stadtrat Heinz Reutlinger (CDU) im STADTBLATT vom 26.02.2003 über mich in zum Teil diffamierender Weise. Ich bin vor über zwei Jahren bei der Stadtverwaltung Heidelberg ausgeschieden und habe mich seither parteipolitisch nicht mehr betätigt. Ich frage mich daher, wieso ist mein Austritt aus der CDU Gegenstand eines Beitrages im Amtsanzeiger der Stadt Heidelberg? Nach meiner Auffassung wird hier die den Mitgliedern des Gemeinderats vorbehaltene Veröffentlichungsmöglichkeit als Plattform für Parteizwecke missbraucht.

Im vergangenen Jahr traf ich nach einem längeren Abwägungsprozess die Entscheidung aus der CDU auszutreten, weil ihre Ziele und Vorgehensweisen mit meinen eigenen Vorstellungen nicht mehr übereinstimmen. Ich habe diese Entscheidung als Privatperson getroffen und erwarte, dass sie respektiert wird.

Das Verhalten von CDU-Mitgliedern meiner Frau und mir gegenüber seit dem Bekanntwerden des Parteiaustritts - und der Beitrag von Herrn Reutlinger ist nur ein Beispiel dafür - bestätigen die Richtigkeit meiner Entscheidung.

Joachim B. Schultis

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Die ehemalige nach Westen führende Zweig der Fabrikstraße heißt künftig Felix-Wankel-Straße. (Foto: Pfeifer)

Ehrung für Techniker und Erfinder

Benennung der Erschließungsstraßen im Bereich Furukawa: von Drais bis Zuse


Die Erschließungsstraßen im Gebiet des Bebauungsplanes Rohrbach - Bereich Furukawa ("Quartier am Turm") erhalten mit Wirkung vom 1. April ihre neuen amtlichen Namen, wie sie der Gemeinderat am 19. Dezember vergangenen Jahres beschlossen hat.

Der mit der Bekanntmachung auf Seite 7 der STADTBLATT Ausgabe veröffentlichte Plan zeigt, dass Lindenweg und Helaweg unter den gleichen Namen über die Fabrikstraße in Richtung Westen verlängert werden. Die übrigen neuen Straßen in diesem Gebiet sollen an die Technikgeschichte der ehemaligen Waggonfabrik Fuchs erinnern und sind nach bedeutenden Technikern und Erfindern benannt.

Umbenannt in Felix-Wankel-Straße wird der bisherige nach Westen führende Zweig der Fabrikstraße. Dadurch ändern sich die Adressen an diesem Straßenstück (s. Bekanntmachung Seite 7): Die Hausnummern Fabrikstraße 1 sowie 7 bis 13 werden zu den Hausnummern Felix-Wankel-Straße 1 beziehungsweise 4 bis 20.

Zum Beispiel wird die Arztpraxis für Allgemeinmedizin Dr. med. A. Pietschmann ab 1. April die Adresse Felix-Wankel-Straße 4, 69126 Heidelberg, haben.

Felix Wankel wurde 1902 in Lahr (Baden) geboren und starb 1988 in Heidelberg. Er erfand 1954 den nach ihm benannten "Wankelmotor" (Drehkolbenmotor).

Die erste Haupterschließungsstraße in Nord-Süd-Richtung erhält den Namen Franz-Kruckenberg-Straße. Der Schiffbauingenieur Dipl. Ing. Franz Kruckenberg, geboren 1882 in Uetersen (Schleswig-Holstein) und gestorben 1965 in Heidelberg, war ein Pionier des Schnellverkehrs auf der Schiene. Der propellergetriebene Schienenzeppelin von 1931 war sein Werk.

Die im westlichen Teil des Erschließungsgebiets ebenfalls von Nord nach Süd verlaufende Straße wird zur Konrad-Zuse-Straße. Der Ingenieur und Künstler Prof. Dr. mult. Konrad Zuse wurde 1910 in Berlin-Wilmersdorf geboren und starb 1995 in Hünfeld (Hessen). Er entwickelte 1936 bis 1938 die erste programmgesteuerte Rechenanlage der Welt.

Die Georg-Mechtersheimer-Straße verbindet im nördlichen Bereich des Plangebiets die Kruckenberg- und Zuse-Straße. Der Techniker und Konstrukteur Georg Mechtersheimer erblickte 1880 in Neustadt/Weinstraße das Licht der Welt und starb 1972 in Schriesheim. Er war Designer des 1935 von der Waggonfabrik Fuchs gebauten "Gläsernen Zuges".

Nach Süden bis zur Heinrich-Fuchs-Straße zieht die Rudolf-Hell-Straße. Der Elektrotechniker Dr. Ing. Rudolf Hell stammte aus Eggmühl (Niederbayern). Er wurde 1901 geboren, verstarb 2002 in Kiel und erfand den nach ihm benannten Hellschreiber (Faxgerät).

Ebenfalls von Nord nach Süd läuft der Karl-von-Drais-Weg. Freiherr Karl von Drais (vollständiger Name: Karl Friedrich Freiherr Drais von Sauerborn) wurde 1785 in Karlsruhe geboren und starb dort im Jahre 1851. Seine Erfindung ist die Laufmaschine (Laufrad) von 1818, die so genannte "Draisine".

Die vom städtischen Vermessungsamt vorbereiteten Straßenschilder einschließlich der Kurzbiografien der Namensgeber werden am 1. April angebracht. (br.)

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Stand: 11. März 2003